Türkis-türkise Koalition

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ANALYSE. Neben der neuen ÖVP ist es grundsätzlich schwer, grün zu sein. In Zeiten der großen Krise ist es schier unmöglich.

Angenommen, Grünen-Chef Werner Kogler wäre Vize der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: Zumindest mit ihrem Hinweis, dass die Pandemie eine „demokratische Zumutung“ sei, hätte sie ihm voll entsprochen. Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Situation nur akzeptabel und erträglich sei, wenn die Gründe für die Einschränkungen der persönlichen Freiheitsrechte transparent und nachvollziehbar sind; und wenn Kritik und Widerspruch nicht nur erlaubt, sondern wechselseitig eingefordert und angehört werden.

Wäre Kogler also Vizekanzler in Deutschland und seine Partei Teil der dortigen Regierung, es würde ihnen möglicherweise etwas besser gehen. Sie könnten sich mit dem Politik- und Demokratieverständnis, das dort herrscht, identifizieren. Aber in Österreich?

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in der Krise noch nichts Vergleichbares gesagt. Im Gegenteil. Kritische Experten hat er im Grund genommen wissen lassen, dass sie einfach nur stören. Diskurs unerwünscht. Auch Rechtsstaatlichkeit ist jetzt nachrangig.

Das widerspricht den Grünen. Was aber sollen sie tun? Sie haben sich mit der Hoffnung in die Koalition begeben, wenigstens beim Klimaschutz etwas ausrichten zu können. Dafür schlucken sie extrem viel: eine Flüchtlingspolitik, die sie anwidert; eine Medienpolitik, die nicht auf Qualität, sondern Message Control ausgerichtet ist; eine Europa-, die eher nur Nationalpolitik ist; Widerstand gegen parlamentarische Kontrolle (Stichwort Ibiza-U-Ausschuss) und so weiter und so fort.

So sind die Mehrheitsverhältnisse: Die ÖVP ist groß und bestimmend, die Grünen sind klein und können versuchen, das Bestmögliche aus dem zu machen, was übrig bleibt. Klimaschutz eben. Doch halt: Im Interview mit den Vorarlberger Nachrichten hat Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) über die Rampe gebracht, dass infolge der Coronakrise auch der Klimaschutz zusammengetutzt gehört.

Das war absehbar. Die ÖVP versucht die gegenwärtige Krise nicht dazu zu nützen, gleich auch eine größere Wende zu mehr Nachhaltigkeit einzuleiten. Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer hätten keine Freude damit. Der Massentourismus soll weitergehen. Zur Not drücken wir gleich einmal ein Auge zu und lassen Deutsche wieder kommen (sofern sie überhaupt noch mögen und können). Davon, Hilfszahlungen mit Bedingungen zu verknüpfen, die dem Klimaschutz dienen, war noch nicht einmal die Rede – obwohl die Milliarden schon fließen.

Schlimmer noch für die Grünen ist, dass nicht nur ihr Thema in Gefahr ist und die ÖVP so dominierend ist; gefährlich für sie ist, dass sie im gegenwärtigen Ausnahmezustand plötzlich selbst eine autoritäre Politik machen müssen: Gesundheitsminister Rudolf Anschober gab in den vergangenen Wochen Verordnungen heraus, die den Bürgern keine großen Freiheiten mehr ließen. Unter Zeitdruck hatte er kaum eine Alternative. Kritik daran hat er zwar ernst genommen; damit aber ist er mehr oder weniger allein geblieben in der zunehmend türkis-türkisen Koalition.

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