Wien-Wahl: Erstens kommt es anders, als man zweitens denkt

ANALYSE. Noch selten hat sich ein Wahlergebnis mit den Erwartungen gedeckt. Ganz besonders könnte das auf den 11. Oktober zutreffen.

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ANALYSE. Noch selten hat sich ein Wahlergebnis mit den Erwartungen gedeckt. Ganz besonders könnte das auf den 11. Oktober zutreffen.

Dass die Freiheitlichen bei den Landtagswahlen im Burgenland und in der Steiermark Ende Mai zulegen würden, war in diesem Ausmaß von kaum jemandem erwartet worden. Genauso wenig, dass Franz Voves letzten Endes die Grazer Burg verlassen bzw. seinen Landeshauptmann-Posten aufgeben muss. Das waren Überraschungen, wie es sie so gut wie bei jeder Wahl gibt. Warum also soll das am 11. Oktober in Wien, aber auch zwei Wochen davor in Oberösterreich, anders sein?

Am Anfang steht eine allgemeine Erwartungshaltung: Erst seit den Urnengängen im Burgenland und in der Steiermark „wissen“ plötzlich alle, das die FPÖ auf dem Durchmarsch auf den ersten Platz ist und sich SPÖ und ÖVP im freien Fall befinden. Und bemerkenswerterweise spiegelt sich das dann auch in neuen Umfrageergebnissen wider.

Doch das löst etwas aus. Etwas, was möglicherweise auch spieltheoretisch erklärbar wäre: Weil etwa ein Michael Häupl die Stimmungslage sieht, wird er seine Genossen umso mehr antreiben, im Wahlkampf zu rennen bis zum Umfallen. Motto „Jede Stimme zählt!“ Und der eine oder andere, der schon lange nicht mehr rot gewählt hat, wird dies noch einmal tun, nur um zu verhindern, dass die SPÖ gar hinter die Freiheitlichen zurückfällt.

Allein dieser Aspekt kann nun eine Konsequenz haben: Die Sozialdemokraten werden am Ende doch nicht zehn Prozentpunkte verlieren, wie zurzeit „erwartet“ wird, sondern vielleicht sechs oder sieben. Was dann als Überraschung gelten wird und Häupl ähnlich wenig schaden wird, wie der Verlust von neun Prozentpunkten dem dortigen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bei der Landtagswahl im vergangenen September in Vorarlberg geschadet hat; gar nicht nämlich, weil mit einem noch übleren Ergebnis spekuliert worden war.

Diesmal etwas zu erwarten grenzt freilich an Fahrlässigkeit: Schon der Urnengang in Oberösterreich Ende September wird selbst Überraschungen bringen, die sich wiederum auf die verbleibende Zeit bis zur Wien-Wahl auswirken können. Wenn etwa LH Josef Pühringer mit der ÖVP deutlich unter 40 Prozent abstürzt. Und sich eine schwarz-grüne Koalition dann nicht mehr ausgeht – und er zurücktritt. Wenn die Freiheitlichen gar auf 30 Prozent kommen und die Sozialdemokraten – in einem ihrer einstigen Kernländer – auf weniger als 20 Prozent. Solche Dinge würden einem klassischen Beben gleichkommen und die Dramatik in Wien ins Unendliche steigern.

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