Orbán und Kickl sind erpressbar

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ANALYSE. Der ungarische Ministerpräsident torpediert Europapolitik. Der FPÖ-Chef setzt in Erwartung, Kanzler zu werden, dazu an. Dagegen kann vorgegangen werden. Man muss sich nur trauen.

Die EU lasse sich durch den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán erpressen, heißt es. Und das hat was: Vergangene Woche hat er die Freigabe von zehn Milliarden Euro für sein Land erwirkt, um dann die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine nicht zu blockieren, indem er zur Abstimmung im Rat den Raum verließ. Das ermöglichte die nötige Einstimmigkeit. In Bezug auf weitere EU-Hilfen für die Ukraine blieb er hart. Ihnen will er erst zustimmen, wenn weitere 20 Milliarden Euro fließen. Fortsetzung folgt im Jänner.

Müssen sich 26 Mitgliedstaaten durch eines derart unter Druck setzen lassen? Die Frage stellt sich umso mehr, als Orbán schon bald Bündnispartner aus ihren Reihen erhalten könnte. Zum Beispiel Herbert Kickl, der Chancen hat, österreichischer Bundeskanzler zu werden und Sanktionen gegen Russland ebenso ablehnt wie Unterstützungen für die Ukraine.

These: Hier regieren auf europäischer, aber auch nationaler Ebene zu viel Taktik und Angst. In Wirklichkeit würde sich der Spieß umdrehen lassen, sind Leute wie Orbán und Kickl erpressbar.

Die beiden stellen sich gerne gegen die EU und den Geist, der ihr zugrunde liegt. Bei Orbán wiegt das aufgrund seiner Regierungsfunktion schwerer. Es könnte aber immerhin ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags rechtfertigen. Bestimmte Rechte Ungarns könnten demnach ausgesetzt werden, „einschließlich der Stimmrechte des Vertreters der Regierung dieses Mitgliedstaats im Rat“.

Natürlich: So etwas muss man sich gut überlegen. Wesentlich wäre jedoch ein Signal an Orbán und vor allem auch das ungarische Volk. Frei nach Bundespräsident Alexander Van der Bellen würde es zumindest lauten: Mit der EU-Mitgliedschaft spielt man nicht. Sonst gibt es Konsequenzen.

Für Orbán wären sie ebenso gefährlich wie für einen allfälligen Kanzler Kickl: In beiden Ländern gibt es noch immer sehr klare Mehrheiten für die Sanktionen gegen Russland oder zumindest humanitäre Hilfe für die Ukraine. Laut Standard-Eurobarometer, der im Auftrag der Kommission erstellt und vergangene Woche veröffentlicht wurde, glaubt da wie dort im Übrigen nur eine Minderheit, dass ihr Land außerhalb der EU besser für die Zukunft gerüstet wäre – widersprechen jeweils klar über 50 Prozent, ja in Ungarn sogar fast zwei Drittel. Sprich: Die Leute wollen ganz klar dabei bleiben.

Insofern agieren die Rechtspopulisten in wesentlichen Fragen gegen ihr Volk. Womit man sich wundern kann, warum das nicht stärker gegen sie eingesetzt wird. Warum in Österreich eher nur Van der Bellen davor warnt, es Richtung Öxit zu treiben. Eine Erklärung dafür ist jedoch, dass es zumindest in den Reihen der ehemaligen Großparteien an Überzeugung für Europa fehlt, die dem die nötige Wirkung verleihen würde. Außerdem ist es wohl auch so, wie es Othmar Karas (ÖVP) bei seiner Ankündigung formulierte, aus dem EU-Parlament auszuscheiden: Es gibt eine Tendenz, sich „an die Ränder anzubiedern“, statt eine Mitte zu stärken. Das erschwert alles.

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