Mit S. überflutet

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ANALYSE. Die „Krone“ pusht Präsidentschaftskandidat Tassilo Wallentin, dieser geht nach der demokratie- wie medienfeindlichen Devise von Trump-Berater Bannon vor: „Flood the zone with shit.“ Ein Widerspruch? Nein.

Erst zweieinhalb Wochen vor der Bundespräsidenten-Wahl sickert mögicherweise, wer es da wirklich geschafft hat, die nötigen Unterstützungserklärungen zu sammeln und zu kandidieren. Nicht missverstehen: Eine Demokratie muss allerhand aushalten. Auch Leute, die Grundsätzliches infrage stellen und sich vollkommen daneben verhalten. Es ist jedoch wichtig, dass möglichst vielen Wählerinnen und Wählern rechtzeitig vermittelt wird, worauf es hinausläuft; hier spielen Medien eine wichtige Rolle.

Von daher überrascht es nicht, dass Medien für Demokratiegegner wie Ex-US-Präsident Donald Trump die größten Gegner sind. Seine Gegenspieler von der demokratischen Partei seien belanglos, hat sein ehemaliger Berater Steve Bannon einmal gesagt, die wirkliche Opposition seien die Medien. Und der Weg, mit ihnen fertig zu werden, bestehe darin, die Zone mit Scheiße zu überfluten („Flood the zone with shit“).

In Österreich macht das gerade nicht nur ein Kandidat für das protokollarisch höchste Amt im Staat. Gerald Grosz hält schon einmal eine „Wutrede“ und bezeichnet Politikerinnen und Politiker als die „größten Pfosten“; zwischendurch teilt er ein Video, in dem er fröhlich „Zipfel eini, Zipfel aussi“ singend zu sehen ist. Grundsätzlich richtet sich derlei von selbst. In Zeiten wie diesen sollte man es jedoch erst recht ernst nehmen: Noch nie ist Regierenden von so großen Teilen der Bevölkerung Misstrauen, ja Ablehnung entgegenbracht worden. Da kann sehr schnell etwas kippen.

Das muss herausgearbeitet werden. In Österreich hat es bisher zu wenig Präsidentschaftswahlkampf gegeben. Das hängt damit zusammen, dass sich Amtsinhaber Alexander Van der Bellen aus nachvollziehbaren Gründen zurückhält und dass er gute Chancen hat, bestätigt zu werden. Also schaut man nicht so genau auf seine Herausforderer, deren Aussicht, es in die Hofburg zu schaffen, ohnehin gleich null sein dürften. Damit geht jedoch eine Gefahr einher: Sie erhalten die Gelegenheit, ein Feld aufzubereiten – für nächste Wahlen oder die Entwicklung politsicher Bewegungen gerade auch im Zusammenhang mit aufziehenden Krisen.  

Man muss froh sein, dass es die ZIB2 gibt. Jedenfalls hier werden Kandidaten so hart, aber fair herausgefordert, dass von ihnen eher das übrig bleibt, was sie wirklich sind. Mit irgendeiner Fassade kommt da keiner weit. Wobei das Medium (Fernsehen) eine wichtige Rolle spielt. In einem Zeitungsinterview funktioniert das weniger gut.

Montagabend war Tassilo Wallentin zu Gast bei Armin Wolf und versuchte, sich als „Gegenspieler der Regierung“ zu inszenieren. Die „Krone“, die ihn offen unterstützt, ja schon einmal huldigend feststellt, er habe die Privatisierung unseres Wassers verhindert, spielte mit einem eigentümlichen Bericht hinterher gerne mit. Gemeinsam mit Wallentin ist sie gewissermaßen Partei in diesem Wahlkampf.  

Das Problem mit dem Gegenspieler der Regierung fängt dort an, wo es um die Frage geht, nach welchen Gesichtspunkten er jeweils Position zu beziehen gedenkt. Wallentin spricht etwa vom Wohle des Volkes. Was das ist, ist jedoch so beliebig feststellbar, dass sich im Extremfall eine Willkürherrschaft daraus machen lässt.

Gerade bei Wallentin muss man insofern vorsichtig sein dabei, als er gerne allerhand behauptet. Dass Asylwerber Mindestsicherung bekommen (was man bei der Statistik Austria nachlesen könne) und dass es in 20 Jahren 30 bis 40 Prozent Muslime geben werde etwa. Von Wolf damit konfrontiert, dass (naturgemäß unter anderem) laut Statistik Austria nicht Asylwerber, sondern Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte die Sozialhilfe erhalten können und dass auch das mit dem Muslimen-Anteil nicht stimmt (der Integrationsfonds hat unterschiedliche Szenarien dazu erstellt), meinte Wallentin, dass es um „die Tendenz“ gehe und dass es den Leuten gesagt werden müsse.

Man kann auch so sagen: Hier geht es nicht um Fakten, sondern darum, gewisse Vorstellungen und Ängste zu verstärken. Hier geht es um etwas zutiefst Demagogisches. Es ist wichtig, dass das gleich zum Ausdruck kommt: Je länger das läuft, desto schwieriger wird es, mit Fakten durchzukommen. Zumal es bei einem (wohl eher) wachsenden Teil der Bevölkerung ohnehin schon nicht mehr möglich ist. Er misstraut Medien genauso wie der Politik.

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