Totes Heer, lebendiger Zivildienst

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ANALYSE. Die Bundesregierung lässt das Bundesheer in die Pleite schlittern, die Übergangsverteidigungsminister Starlinger für heuer angekündigt hat. Die Gründe sind feststellbar.

„2020 ist das Heer pleite“, sagte im vergangenen Sommer nicht irgendwer, sondern der damalige Verteidigungsminister Thomas Starlinger, der heute wieder Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist. Gedacht war das als Warnung, gewirkt hat es nicht; im Gegenteil, ersten Berichten zufolge wird das Budget in den nächsten Jahren nicht kontinuierlich erhöht, sondern eher gekürzt. Die Folgen davon hat Starlinger in einer eigenen Publikation sehr eindrucksvoll präsentiert: Schutzlosigkeit gegenüber zu erwartenden Bedrohungen, Gefährdung der Soldaten durch mangelnde Ausbildung und Ausrüstung, Nichterfüllung der verfassungsmäßig festgeschriebenen Neutralitätsverpflichtungen, Verlust der Fähigkeit zur Teilnahme an internationalen Friedens- und Stabilisierungseinsätzen sowie eines Beitrags zur „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ im Rahmen der EU etc.

Warum wird all das in Kauf genommen? Nicht nur von der gegenwärtigen Regierung wohlgemerkt, sondern auch schon von vergangenen, die für Starlingers Befund ja verantwortlich zeichnen? Die Antwort liegt auf der Hand: Als klassische Armee gebraucht werden würde das Bundesheer aufgrund der Neutralitätsverpflichtungen und für internationale Einsätze. Ersteres ist jedoch relativ, weil Österreich mitten in Europa ohnehin recht gut geschützt ist. Und Zweiteres wird nicht mehr betrieben: So wenig Österreich humanitäre „Hilfe vor Ort“ leistet, so sehr hat es sich von Blauhelm- und anderen Missionen zurückgezogen. Von daher könnte man auf die Armee de facto verzichten. Zumal die neue Volkspartei auch von einem NATO-Beitritt, einer Idee von Ex-Kanzler und -ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, schon lange nicht mehr redet.

Aber da ist natürlich noch mehr: Grenzschutz beispielsweise, der für Regierungen massiv an Bedeutung gewonnen hat. Auch hier gilt jedoch: Wenn ohnehin der EU-Außengrenzschutz ausgebaut wird und – wie man in Griechenland sieht – funktioniert, dann ist auch das relativ. Abgesehen davon geht die österreichische Unterstützung für Griechenland eh nicht vom Verteidigungs-, sondern vom Innenministerium aus: „Wir schnüren Hilfspakete – Ausrüstung, Grenzpolizisten, je nachdem, was die griechischen Behörden uns angeben“, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gegenüber der Tageszeitung „Österreich“. Wie überhaupt ein schwächer werdendes Heer auf einen stärker werdenden Polizeiapparat hinausläuft, bei dem im Unterschied dazu ja auch nicht gespart wird. Womit klargestellt wäre, wer sich letzten Endes wirklich um die Zukunftsaufgabe Cyber Security kümmern soll; nicht das Heer, sondern die Polizei.

Was dem Bundesheer bleibt, ist von der ÖVP im Grunde genommen schon im Rahmen der Volksbefragung zur Wehrpflicht 2013 skizziert worden: Es geht um rein assistierende Funktionen beim Katastrophenschutz und viel mehr noch Zivildienerrekrutierung: Ohne Wehrpflicht keine Zivildiener. Und ohne Zivildiener größere Probleme im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich. Also ist das das Einzige, was ausgebaut wird: Der Rückgang tauglicher Männer und damit auch potenzieller Zivildiener soll durch die Ausweitung der Tauglichkeitskriterien bzw. die Einführung einer Teiltauglichkeit abgefedert werden – aber eben nicht, um das Bundesheer zu stärken.

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