Was wurde eigentlich aus Karin Kneissl?

ANALYSE. Viele Regierungsmitglieder machen Außen-, Europa- und Integrationspolitik. Die Außen-, Europa- und Integrationsministerin zählt nicht zu den führenden. Im Gegenteil.

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ANALYSE. Viele Regierungsmitglieder machen Außen-, Europa- und Integrationspolitik. Die Außen-, Europa- und Integrationsministerin zählt nicht zu den führenden. Im Gegenteil. 

Bei der Regierungsbildung haben sich die Freiheitlichen zumindest in einer Hinsicht abräumen lassen. Mit den EU-Agenden ist dem Außenamt ein wesentlicher Teil abhandengekommen. Was es Karin Kneissl (FPÖ), zumal politisch unerfahren, von allem Anfang an natürlich extrem schwierig gemacht hat. Wie sie es überhaupt nicht einfach hat. Dennoch ist bemerkenswert, wie sehr sie sich ihre Agenden von anderen Regierungsmitgliedern wegnehmen lässt.

Die außen- und europapolitischen Highlights der schwarz-blauen Regierung lieferte bisher eher nur Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) höchstpersönlich. Zum einen ist ihm dabei der EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 zugutegekommen, zu dem er die EU-Agenden vom Außen- vorsorglich mit ins Kanzleramt genommen hatte. Zum anderen war da zum Beispiel sein Besuch bei US-Präsident Donald Trump. Okay, zwischendurch funken freiheitliche Politiker mit Annäherungsversuchen gegenüber Orban, Salvini oder Le Pens dazwischen. Aber nie Karin Kneissl, deren Ressort formal noch immer auch jenes „für Europa und Äußeres“ wäre. Einzige Ausnahme: Ihre Hochzeitseinladung für, inklusive Kniefall vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

„Schwächepol Minoritenplatz: Österreichs tote Außenpolitik“ (Erhard Busek als Co-Autor)

Ex-ÖVP-Chef und Vizekanzler Erhard Busek hat das Problem, das damit einhergeht, als Co-Autor in der Tageszeitung „Der Standard“ zugespitzt: „Schwächepol Minoritenplatz: Österreichs tote Außenpolitik“, lautet der Titel (am Wiener Minoritenplatz steht das Außenamt; Anm.). Und im Text heißt es: „Österreich nutzt gegenwärtig die Chance, durch die besondere internationale Präsenz des Bundeskanzlers auf unsere und seine Rolle hinzuweisen, aber offen gestanden ist darin eigentlich keine Konzeption für die Zukunft Österreichs betreffend Europa und der Welt erkennbar.“ Natürlich: Das ist indirekt auch an Kurz gerichtet. Letzten Endes heißt es aber auch, dass Kneissl keine Linie zustande bringt.

Nicht besser geht es ihr in einem anderen Zuständigkeitsbereich, der ebenfalls ihr zugeordnet ist. Im Gegenteil: Kneissl und Integrationspolitik ist kaum wahrnehmbar. Man erinnere sich daran, wie Sebastian Kurz als ihr Vorgänger das angelegt hatte: Vor der Flüchtlingskrise vermisste er „Willkommenskultur“ in Österreich und ließ Personen mit Migrationshintergrund in einer Kampagne flächendeckend vermitteln, dass sie #stolzdrauf seien, hier zu leben. Nach der Krise kamen Schließung der Balkanroute und Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem – zu beidem kann man stehen, wie man will, es waren zwar widersprüchliche, aber unmissverständliche Botschaften.

Auch integrationspolitische Akzente setzen viele andere Regierungsmitglieder  

Und heute? Integrationspolitische Akzente setzt nach wie vor Kurz. Oder Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP) beteiligen sich daran, wenn es um die Mindestsicherung oder den Umgang mit dem Islam geht. Oder Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), der Asylwerbern mit der Umbenennung von Erstaufnahme- in Ausreisezentren gleich von allem Anfang an vermittelt, dass sie auf Integration nicht einmal hoffen dürfen. Oder Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), die Zwangsdienste für arbeitslose Flüchtlinge schaffen möchte. Aber Karin Kneissl?

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