Sobotka: Wie tief kann man fallen?

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ANALYSE. Bereits mehr als drei Viertel der befragten ÖsterreicherInnen geben an, dem Nationalratspräsidenten kein Vertrauen zu schenken. Er bleibt eine Belastung für die repräsentative Demokratie.

Beim APA/OGM-Vertrauensindex hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bereits Ende des vergangenen Jahres FPÖ-Chef Herbert Kickl als Schlusslicht abgelöst. Im Februar hat sich das nun verfestigt. dieSubstanz.at liegen die Detailwerte vor: Bei Kickl ist der Anteil derer, die ihm vertrauen, seit März 2021 kontinuierlich auf 25 Prozent gestiegen und der Anteil derer, die ihm kein Vertrauen schenken, auf 72 Prozent gesunken. Bei Sobotka ist der Anteil der Menschen, die ihm vertrauen, konstant niedrig geblieben und belief sich zuletzt auf gerade einmal 16 Prozent. Parallel dazu misstrauen ihm immer mehr Menschen, aktuell handelt es sich um 77 Prozent.

Dass ein solcher Mann an der Spitze des Parlaments steht, ist ein Problem. Er selbst mag stolz darauf sein, zu polarisieren, es geht jedoch darum, dass er es in einer Art und Weise tut, die die repräsentative Demokratie belastet.

Wolfgang Sobotka hat einen Beitrag dazu geleistet, dass Kontrolle im Rahmen eines Untersuchungsausschusses zur Farce geworden ist. Er hat es sich nicht nehmen lassen, den Ausschuss zu leiten, der gegen seine Partei und vor allem auch seinen Mentor Sebastian Kurz gerichtet war. Er war sich nicht zu dumm, sich für die Abschaffung der Wahrheitspflicht in diesem Gremium auszusprechen.

Und er hat nun in einem Abschlussbericht zum ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ein Zitierverbot für Medien fordern lassen. Demnach sollte ein Straftatbestand geschaffen werden, der laut „Standard“ „unter anderem die Veröffentlichung der Anklageschriften oder anderer amtlicher Dokumente eines Strafverfahrens verbietet, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen wurde“. Hinweis der Zeitung: „Wenn Akten nicht mehr öffentlich verwendet werden dürfen, gilt das folglich auch für Medien.“

Zu alldem passt: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat angekündigt, die Coronapolitik aufarbeiten zu lassen. Dazu möchte er eine Expertenkommission einsetzen. An dieser Stelle könnte ein Nationalratspräsident die Hand heben: Zu dieser Coronapolitik gehören ein Versagen des Bundesstaates genauso wie (laut Rechnungshof) Überförderungen oder die Impfpflicht. Grundrechte wurden beschnitten, Milliardenbeträge bewegt: Wer hat was (warum) entschieden? Das muss das Parlament interessieren, hier müsste ein Nationalratspräsident darauf bestehen, dass es einen bestimmenden Part übernimmt.

Sonst schafft es sich selbst ab. Andererseits: Sobotka hat an der Zerstörung des Kontrollinstruments U-Ausschuss mitgewirkt. Insofern ist es schlüssig, dass er nun nicht danach ruft.

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