Wrabetz steht für SNU

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ANALYSE. Spekulationen über eine mögliche Rendi-Wagner-Nachfolge sind nicht ernst zu nehmen und wohl auch nicht so gemeint.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig lädt Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz als persönlichen Gast zum Opernball ein und schon wird da und dort spekuliert. Immerhin ist Ludwig der mächtigste Sozialdemokrat des Landes und gilt Wrabetz seit ein paar Wochen als möglicher Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner an der SPÖ-Spitze.

Ludwig bringt ihn aber nicht dafür in Stellung, sondern macht sich einen Jux: Frei nach Gerald Fleischmann befeuert er SNU, also „Strategisch notwendigen Unsinn“, um von einer ernsten Führungsdebatte abzulenken; nicht nur Medien und eine größere Öffentlichkeit, sondern auch Genossen, die wirklich interessiert sein könnten an einem Wechsel und die nun irritiert sein könnten.

Mit Wrabetz als Parteivorsitzendem würde die SPÖ signalisieren, dass sie nichts will; dass sie keine Ambitionen hat, politisch zu gestalten, und dass sie mit allen Mitbewerbern irgendwie zurechtkommen möchte. Dafür stand Wrabetz als Generaldirektor des Österreichischen Rundfunks von 2006 bis 2021. Es half ihm, unter einem ÖVP-Kanzler (Wolfgang Schüssel) in diese Funktion gewählt zu werden und sogar die türkis-blaue Koalition mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zu überleben. Das muss man erst einmal schaffen. Die Kunst ist, sich arrangieren zu können. Fürs persönliche Fortkommen mag es nützlich sein, das große Ganze bleibt jedoch auf der Strecke.

Heute ist der 62-Jährige Präsident des Fußball-Clubs Rapid Wien und Aufsichtsratspräsident der Wiener Symphoniker. Wenn er SPÖ-Chef werden würde, würde die Partei an Werner Faymann anknüpfen. Für einen Wahlerfolg würde es nicht reichen.

Dazu ist Profil gefragt. Keines, wie es Hans Peter Doskozil verkörpert, der sich noch immer vor allem darum bemüht, Freiheitlichen und Türkisen einen direkten Wettbewerb zu liefern. Und zwar durch einen starken Staat, der Geld verteilt und eine harte Asylpolitik praktiziert. Umso bemerkenswerter ist, dass er bisweilen davon spricht, eine Ampelkoalition mit Neos und Grünen anzustreben. Bloß: Es passt nicht zusammen.

Die SPÖ braucht eine Person, die selbstbewusst einen neuen Kurs entwirft. Frei nach einem Bill-Clinton-Strategen, der 1992 die legendäre Devise ausgab: „It’s the economy, stupid.“ Die Wirtschaftslage ist entscheidend. Heute ist es mehr, nämlich die wirtschaftliche und die soziale Lage: Es geht um steigende Preise und wachsende Unsicherheiten. Sie sind es, die Kickl erfolgreich sein lassen, wenn er mit einer „Festung Österreich“ und geschlossenen Grenzen daherkommt. Die Sozialdemokratie könnte (wie auch eine anspruchsvolle ÖVP) mit anderen Antworten auf diese Lagen reagieren.

Und sie könnte aufhören, darüber nachzudenken, ob sie sich eher nach links oder nach rechts ausrichten soll. Der Erfolg liegt in einer neuen Mitte: Urbane Räume sind es, die wachsen und in denen auch schon eine Mehrheit der Bevölkerung lebt. Es könnte ein Glück sein für die SPÖ, dass sie hier traditionell erfolgreich war. Bei den jüngsten Landtagswahlen hat sie jedoch genau hier teilweise stark verloren. In Innsbruck (Triol) oder in St. Pölten und in Klosterneuburg (NÖ), wo sie Ende Jänner hinter die Grünen zurückfiel und nur noch knapp vor den Neos blieb.

In den vergangenen 25 Jahren gab es gerade einmal zwei SPÖ-Vorsitzende, die der Urbanisierung (auch der Gesellschaft) gerecht wurden: Alfred Gusenbauer und Christian Kern. Gusenbauer, der dies durch sein Plädoyer für eine solidarische Hochleistungsgesellschaft zum Ausdruck brachte, gewann nebenbei sogar als einziger Parteichef bisher bei einer Nationalratswahl in einem größeren Umfang Stimmen von der FPÖ zurück. Sein Glück war, dass die Freiheitlichen damals, 2002, implodierten. Er hat es aber eben auch geschafft, ihr Wähler abzunehmen. 2019 sind die Blauen auch eingebrochen. Die SPÖ hatte nichts davon – und verlor zusätzlich an die Grünen.

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