ANALYSE. Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz lassen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht mehr viel Platz. Vielleicht ist es deswegen so ruhig um ihn geworden.
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wäre gut beraten, schleunigst seinen Plan E für Europa zu präsentieren. Sonst steht seine Aussage, er sei ein „bekennender Europäer“, zunehmend als Behauptung im Raum, die angezweifelt werden muss. Zumal das, was er bisher zum Thema geliefert hat, auffallend antieuropäisch ist.
Österreicher zuerst, lautet die jüngste Botschaft des Kanzlers, die er über die „Kronenzeitung“ verbreitete. Wobei er wissen musste, worauf er sich da einlässt: „Kern zieht Notbremse gegen neue Ost-Arbeiter“, titelte das Blatt und zitierte ihn zum geplanten Beschäftigungsbonus mit den Worten: „Wenn wir das Geld österreichischer Steuerzahler in die Hand nehmen, dann müssen auch die österreichischen Arbeiter und Angestellten davon profitieren.“
Unser Geld für unsere Leut’? Klingt plausibel. Und bei Kritik daran könnte der Regierungschef sehr wohl auf ein Phänomen verweisen, das mit den europäischen Freizügigkeiten zusammenhängt. Dass es Leuten aus ärmeren EU-Ländern nämlich ohne weiteres möglich ist, in reicheren EU-Ländern zu arbeiten, was dort wiederum zu einem Verdrängungswettbewerb bzw. zusätzlicher Arbeitslosigkeit führen kann. Dieses Problem gehört jedoch europäisch gelöst. Und so lange Kern in Brüssel nicht über Monate hinweg vergeblich und irgendwann auch laut und sichtbar dafür gekämpft hat, sollte er sich hüten, eine nationale Lösung anzugehen. Es schwächt seine Glaubwürdigkeit als Europäer.
Kurz stellt eine Verbindung zwischen EU-Bürgern und belastender Migration her. Womit sich das Europa ohne Grenzen überhaupt aufhört.
Ähnlich ist es mit Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP). Als er in der Ö1-Radioreihe „Im Journal zu Gast“ am vergangenen Samstag auf die Familienbeihilfe für Kinder angesprochen wurde, die in ärmeren EU-Ländern leben, erklärte er: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass wir Hunderte Millionen Euro an Familienbeihilfe in europäische Staaten überweisen für ausländische Kinder, die nicht einmal in Österreich leben.“ Und weiter: „In einer Zeit, wo wir ohnehin schon zu viel Migration haben, glaube ich, ist das nicht eine besonders sinnvolle Maßnahme.“
Vor allem dieser letzte Satz ist bemerkenswert: Da stellt Kurz nicht nur EU-Bürger und Ausländer gleich, sondern stellt im Übrigen eine Verbindung zwischen EU-Bürgern und belastender Migration her. Womit sich das Europa ohne Grenzen überhaupt aufhört. (Und zur Sache selbst wäre noch anzumerken, dass die Familienbeihilfe über den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) finanziert wird, der wiederum mit lohnabhängigen Beiträgen gespeist ist, in deren Zusammenhang die Nationalitätenfrage keine Rolle spielt).
Vielleicht ist all das auch ein Grund dafür, dass es so ruhig um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geworden ist: Zumal er nicht mehr so weit gehen mag, ein Referendum über einen Öxit in den Raum zu stellen, bleibt ihm nicht mehr viel Spielraum für antieuropäische Signale.