Wer hier abcasht

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ANALYSE. Es ist beschämend, wie eine automatische Anpassung der Parteienförderung bei gleichzeitiger Kürzung von Politikerbezügen durchgeht.

Der Boulevardzeitung „Österreich“ ist nichts zu blöd: „Mehr Gehalt für Abgeordnete“, hieß es auf ihrer Titelseite vom 4. Dezember: Parlamentarier dürften sich im neuen Jahr „über ein sattes Plus freuen“, Nationalräte würden künftig 10.000 Euro „cashen“.

So kann man den Politikbetrieb einstellen. Konsequent fortgesetzt bedeutet es, dass Regierungsmitglieder und Mandatare exakt nichts verdienen dürfen. Zumal der Eindruck vermittelt wird, dass es ihnen ohnehin nur darum geht, abzusahnen.

In Wirklichkeit ist es so: Nachdem FPÖ-Chef Herbert Kickl und SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler über eine gesetzlich vorgesehene Anpassung aller Politikbezüge geschäumt hatten im Sommer, trauten sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vize Werner Kogler (Grüne) nicht, dagegenzuhalten. Es ist nachvollziehbar. Siehe „Österreich“. Also gibt es 2024 für Regierungsmitglieder, den Bundes- und die Nationalratspräsidenten sowie die Klubobleute eine „Null-Lohnrunde“. Im Klartext: Ihre Bezüge werden real um gut ein Zehntel gekürzt. Für Abgeordnete hingegen gibt es nur eine halbe Inflationsabgeltung, ihre Bezüge werden nominell um 4,85 Prozent erhöht bzw. real ebenso stark gekürzt.

Ob das vernünftig ist? Je nachdem, wie viel Wert einem Politiker:innen sind. Man sollte jedenfalls nicht erwarten, dass sie sich den Job ehrenhalber, also unbezahlt antun, um sich dann auch noch von einem Organ wie „Österreich“ durch die Gegend watschen zu lassen.

Das ist das eine. Das andere: Man kann sich immer wieder darüber wundern und muss es daher wiederholen, dass die reale Kürzung von Politikerbezügen unter anderem für Kickl und Babler selbstverständlich ist, die automatische Anpassung der Parteienförderung aber exakt niemanden stört. Ergebnis: Nach insgesamt 34,5 Millionen Euro heuer werden ÖVP und Co. im kommenden Jahr (inkl. EU-Wahlkampfunterstützung) 53,1 Millionen Euro erhalten.

Womit sich ein demokratisches Missverhältnis verstärkt – zum Vorteil von Parteien und zum Nachteil ihrer Mandatare. Es ist ein Treppenwitz, dass das ausgerechnet auch einem selbsternannten Volkskanzler Herbert Kickl (FPÖ) recht zu sein scheint. Er hat jedenfalls nichts daran auszusetzen.

Dass es medial weniger Thema ist und „Österreich“ keine große Schlagzeile daraus macht, ist verständlich: Mandatare bringen eher keine Inserate. Wahlkämpfende Parteien tun es sehr wohl.

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