Unternehmerische Altparteien

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BERICHT. ÖVP und SPÖ sind zusammen an 80 Firmen beteiligt, die von öffentlichen Aufträgen profitieren – vom Verlag bis zur Wohnbaugesellschaft.

Er habe „das System nicht erfunden“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Ibiza-U-Ausschuss zu Personalentscheidungen, die despektierlich auch als Postenschacher bezeichnet werden. Besonders auf die Casinos konzentrieren sich die diesbezüglichen Untersuchungen ja.

Wie weit die Verzahnung zwischen Parteipolitik und Wirtschaft reicht, zeigt sich auch in einem ganz anderen Zusammenhang, den Kurz ebenfalls nicht erfunden, aber übernommen hat: ÖVP und SPÖ sind an insgesamt 80 Unternehmen beteiligt, die ihrerseits wiederum von öffentlichen Aufträgen profitieren.

Die Liste über die „Beteiligungsunternehmen“ wird vom Rechnungshof geführt – und quasi zeitversetzt aktuell gehalten. Zurzeit bringt sie die Verhältnisse aus dem Jahr 2017 zum Ausdruck. Damals gab es 81 Unternehmen. 43 entfielen auf die Volkspartei, 37 auf die SPÖ – und eine auf die FPÖ. Dabei handelte es sich um eine Werbeagentur in Kärnten, die sich in Liquidation befand.

Wie so oft in Österreich ist die Transparenz auch in diesem Fall begrenzt: Die Veröffentlichungen bringen nicht zum Ausdruck, welche Teilorganisation einer Partei involviert ist; und wie groß die Beteiligung ist, sie kann also 0,01 bis 100 Prozent betragen.

Die Unternehmen sind in sehr unterschiedlichen Bereichen tätig, sowohl gewinnorientiert als auch gemeinnützig. Bei der ÖVP reicht die Liste von der Druckerei „Agensketterl“ bis zum „Ärzteverlag“. Bei der SPÖ von der Kinderbetreuungseinrichtung „Kidspoint“ bis zur „Sozialbau“ (Generaldirektor: Ex-Minister Josef Ostermayer).

Immerhin veröffentlicht werden die Rechtsgeschäfte, die diese Unternehmen mit mehr als 500 Rechtsträgern machen, die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen. Hier reicht die Liste 2017 vom „Abwallwirtschaftsverband Leibnitz“ über Bundesministerien und die Stadt Wien bis Z wie „Ziviltechnikerkammer für OÖ und Salzburg“. Wobei es um durchaus größere Beträge gehen kann: Beim „Ärzteverlag“ handelte es sich um 4,8 Millionen Euro, bei der „Sozialbau“ um 9,1 Millionen Euro.

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