Strache trägt zu dick auf

ANALYSE. Bundespräsident kann man nicht spielen. In dieses Amt wird man noch immer gewählt. Und zwar von den Bürgern.

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ANALYSE. Bundespräsident kann man nicht spielen. In dieses Amt wird man noch immer gewählt. Und zwar von den Bürgern.

Im Parlament gibt es ein Thema: Wo hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache seine Grundsatzrede zur aktuellen Flüchtlingssituation aufzeichnen lassen? Im Haus jedenfalls. Aber nicht in seinem Büro. Das schaut anders aus. In einem Ausschusslokal? In einer Präsidentenkanzlei? Das schon viel eher; diese Räume verfügen ebenfalls über diese dunkeln Marmorwände, wie sie auch in alten Bankhäusern oder gar Sakralbauten anzutreffen sind.

Selbstverständlich hat Österreich ganz andere Sorgen, als ausschließlich darüber zu rätseln, wo sich Strache filmen ließ. Zumal aber Wahlen vor der Tür stehen, bei denen es nicht nur für ihn selbst um sehr viel geht und zumal die Kulisse ganz offensichtlich etwas vorgeben sollte, ist es notwendig, sich näher damit zu beschäftigen.

Heinz-Christian Strache ist als scharfzüngiger Oppositionspolitiker bekannt, der nicht davor zurückschreckt, gegen Ausländer im Allgemeinen und Muslime im Besonderen zu hetzen. Nächte haut er sich bisweilen in Diskotheken um die Ohren, der Besuch heiliger Messen ist ihm fremd, besorgt, ruhig und nachdenklich wirkt er nie.

So ist er. Und so ist er authentisch, womit er bemerkenswert viele Österreich anspricht. Bei der Wien-Wahl könnte er nun sogar auf einen Stimmenanteil von über 30 Prozent kommen. Doch das ist ihm zu wenig. Daher schlüpft er in eine andere Rolle. Die des Staatsmannes. Auf Plakaten heißt es plötzlich: „Wir grenzen niemanden aus“ (der Zusatz „… schon gar nicht UNSERE WIENER“ hebt das zwar wieder auf, aber das merkt man nur, wenn man sich die Botschaft durch den Kopf gehen lässt). Und mit dieser Grundsatzrede bemüht er sich nun eben, die neue Rolle zu bekräftigen.

Inhaltlich setzt Strache seine Gratwanderung fort, indem er versucht, sein Mitgefühl für Flüchtlinge und seine Unterstützung für Helfer zum Ausdruck zu bringen. Das ist schön und gut. Aber der Ruf nach Grenzzäunen hebt all das wieder auf; es ist ein Widerspruch in sich.

Hätte sich Strache darauf beschränkt, seinen Text in gewohnter Umgebung, also an seinem eigenen Schreibtisch beispielsweise, vorzutragen, er hätte trotz alledem viele angesprochen. Extreme Rechte wären vielleicht enttäuscht gewesen, dass er so zurückhaltend im Ton ist, wohl Tausende andere aber hätten das, was er sagt, unterschrieben.

Zunichte gemacht hat der FPÖ-Chef das allerdings durch die Inszenierung: Zu viele muss verstören, dass ausgerechnet er vor einem Kruzifix, einem Schachbrett und überhaupt einer Umgebung auftritt, wie sie zu einem greisen Würdenträger passen würde. Aber nicht zu ihm! Einzig das Spielzeugauto im Hintergrund war einigermaßen glaubwürdig. Aber auch das wirkte letzten Endes so deplatziert wie Strache selbst in diesem Bild. Die Widersprüche waren zu groß.

Am Schlimmsten freilich ist die Anmaßung, die zum Ausdruck gekommen ist: Vor rot-weiß-roter Fahne und neben einem rot-weiß-roten Blumenbouquet sitzend, musste er der Eindruck erwecken, er wolle den Bundespräsidenten spielen. Und das ist nicht nur despektierlich gegenüber dem Amt, sondern vor allem auch eine Missachtung des Souveräns: Das Staatsoberhaupt wird noch immer gewählt; und zwar von den Bürgern.

> Zur Grundsatzerklärung von Heinz-Christian Strache (Youtube)

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