SPÖ könnte ein Luxusproblem haben

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KOMMENTAR. Beide Kandidaten für den Vorsitz haben Stärken. Vor allem Doskozil-Gegnern um Michael Ludwig ist es jedoch wichtiger, den Burgenländer zu beschädigen, als herauszuarbeiten, worauf es ankommt.

Ob die Kandidaten für die Pamela Rendi-Wagner—Nachfolge die SPÖ ins Kanzleramt führen könnten, ist schwer zu sagen. Man könnte jetzt lange und breit ausführen, was dagegen spricht. Hans Peter Doskozil setzt mit Max Lercher zum Beispiel auf einen Mann, der schon als Geschäftsführer der Partei 2017/18 keine glückliche Figur gemacht hat. Das ist riskant für ihn: Ganz besonders, so lange er Landeshauptmann im Burgenland ist und daher nur Teilzeitbundespolitiker ist, ist er auf gute Leute in Wien angewiesen. Abgesehen davon kann man sich natürlich immer wieder fragen, wie jemand, der aus gesundheitlichen Gründen eine angeschlagene Stimme hat, erfolgreich einen Nationalratswahlkampf bewältigen soll. Das ist ein heikles Thema. Vielleicht kommt es aus Sicht einer entscheidenden Wählermasse aber gar nicht darauf an? Genauso wie die Tatsache, dass Andreas Babler, der auf einem Parteitag Anfang Juni ebenfalls für den Vorsitz kandidiert, noch keine bundespolitische Erfahrung vorzuweisen hat?

Es ist jedoch kein Wunder, dass solche Fragen im Vordergrund stehen: Die Auseinandersetzung um die Rendi-Wagner-Nachfolge wird nicht offen und hart, sondern verdeckt und böswillig geführt. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat laut einem „Krone“-Bericht in einer Präsidiumssitzung unlängst gegen Doskozils Stimme gestichelt, anstatt klar und deutlich zu sagen, dass es mit einer solchen nicht gehe und basta – wenn er schon ganz offensichtlich dieser Überzeugung ist.

Aber es ist eben bezeichnend. Wie auch das demokratieschädigende Taktieren, das seit Monaten läuft: Doskozil wollte eine verbindliche Mitgliederentscheidung über den Vorsitz. Auf Druck von Ludwig und seinen Leuten wurde eine Befragung daraus gemacht, die nur ein Stimmungsbild liefern sollte für einen entscheidenden Parteitag. Jetzt, da Doskozil knapp, aber doch vorne liegt, wollten sie den Parteitag verschieben und eine Stichwahl durchführen. Hoffend, dass sich Babler dabei durchsetzen würde. Was auch Doskozil befürchtete und sich daher nur noch auf eine Kampfabstimmung auf dem geplanten Parteitag einließ – von einer verbindlichen Mitgliederentscheidung also nichts mehr wissen wollte.

Demokratieschädigend ist das, weil es nicht darum geht, Mitglieder oder Funktionäre mitreden zu lassen, sondern darum, das Ergebnis zu bekommen, das einem – je nach Standpunkt – gefällt. Wobei: Groß ist die Hoffnung, dass es dabei zu einem Betriebsunfall gekommen ist; dass zumindest Babler eine Mitgliederbewegung entwickelt hat, die nicht mehr kleinzukriegen ist, die ab sofort lästig ist und ständig mitreden will. Diese Bewegung würde sich dann nicht mehr für ein Scheindemokratie einspannen lassen, sondern ernst damit machen. Das wäre eine gerechte Antwort. Es würde bedeuten, dass es zu einer innerparteilichen Machtverschiebung von oben nach unten kommt.

In Wirklichkeit könnte die SPÖ ja ein Luxusproblem haben. Doskozil und Babler sind zwar sehr unterschiedliche Politiker, beide sind aber wirkungsstark und haben dort, wo sie bisher tätig sind, große Wahlerfolge vorzuweisen. Kluge Genossen müssten eigentlich alles tun, damit auch die Bundespartei davon profitiert. Und selbst wenn sie eine wirklich schwer vorstellbare Team-Lösung ablehnen und ihnen entweder Doskozil oder Babler gegen den Strich geht, dann sollten sie sich wenigsten darum bemühen, dass Stärken und Schwächen herausgearbeitet werden.

Es könnte eine Chance für die SPÖ sein. Sie hat eine Standortbestimmung dringend nötig. Wobei es beschämend wäre, Doskozil nur abzulehnen, weil er eher für ein ländliches, rechts stehendes oder Babler, weil er mehr für urbanes, linkes Österreich steht. Das würde vertieft gehören: Worauf kommt es an? Was ist in der Sozialpolitik, in Menschenrechtsfragen oder in der Europapolitik wichtig für die Sozialdemokratie? Was meint zum Beispiel Ludwig? Oder Sven Hergovich (NÖ), der Doskozil unterstützt? Wann beantworten sie das in aller Schärfe, also Deutlichkeit?

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