Grüne Lebenszeichen

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ANALYSE. Die ÖVP liefert dem Koalitionspartner erstmals Gelegenheiten, sich zu profilieren: Durch die Angriffe auf die Justiz und die Causa Eurofighter.

Darüber zu spekulieren, ob die Angriffe von Bundeskanzler Sebastian Kurz auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und die jüngsten Entwicklungen in der Causa Eurofighter der neuen ÖVP schaden, ist müßig. In beiden Fällen könnte die türkise Inszenierung durchaus wirkungsvoll sein für die türkisen Zielgruppen: Der Vorwurf bezüglich roter Netzwerke (in der WKStA) zieht dort wohl immer. Und die Ansage von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, „Airbus“ werde sie im Zusammenhang mit dem Eurofighter noch kennenlernen, ist für diese Leute auch nicht ohne – sie täuscht darüber hinweg, dass in Österreich unter schwarz-türkiser Beteiligung bisher lieber unter den Teppich gekehrt worden ist; und dass Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) genau vor diesem Hintergrund über einen amerikanischen Umweg die Auseinandersetzung mit dem Eurofighter-Hersteller gesucht haben will.

Wie gesagt: All das muss sich nicht in den Umfragewerten der ÖVP bemerkbar machen. Was auf der anderen Seite aber offensichtlich ist, ist, dass die Grünen in dieser Koalition erstmals Gelegenheit haben, sich zu profilieren. Bisher wurden sie von Kurz mehr oder weniger erdrückt oder haben sich von Kurz erdrücken lassen. Angefangen vom Regierungsprogramm, das sehr konkrete Maßnahmen zu türkisen und nur vage zu grünen Anliegen enthielt. Fortgesetzt über Geschichten wie die Abberufung von Ex-Flüchtlingskoordinator Christian Konrad aus dem „Albertina Kuratorium“ bis zum Beginn der Auseinandersetzungen um die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Zumindest aus grüner Sicht haben diese Auseinandersetzungen jedoch mit einem ersten Erfolg geendet: Justizministerin Alma Zadic hat ein paar Dinge erreicht, die insbesondere Anhängern der Partei wichtig sein dürften. Sie hat transportieren können, dass die Justiz unabhängig sein und bleiben müsse; sie hat vermittelt, dass angebliche ÖVP-Belege für rote Netzwerke (wörtlich) „aus dem letzten Jahrtausend“ kommen; und sie hat eine Zusage des Kanzlers erwirkt, dass das Justizbudget aufgestockt wird.

Auch Vizekanzler und Parteichef Werner Kogler ist in den vergangenen Tagen dazu übergegangen, grüne Seelen zu pflegen. Es ist ja auch zu aufgelegt. Auf der Landesversammlung seiner Wiener Freunde kündigte er eine Stärkung der WKStA an. Immerhin seien die Grünen ja die Anti-Korruptionspartei in der Bundesregierung – und haben da gleich auch einen Fall, bei dem sie das nicht nur unterstreichen können, sondern sich indirekt auch Respekt bei der ÖVP verschaffen können.

Die Rede ist von der Eurofighter-Affäre, die sich in den vergangenen Jahren eben nicht zuletzt auch so offenkundig unter politischer Verantwortung der ÖVP ereignen konnte, dass Kogler verzichten kann, direkt darauf hinzuweisen.

Die Not hat hier ganz konkret zunächst Verteidigungsministerin Tanner. Und Kogler verschärft sie, indem er zum Beispiel vermittelt, dass man von Airbus schon eine Entschädigung in dreistelliger Millionenhöhe erwarten könne. Wobei auf politischer Ebene ja nicht er die Erwartungshaltung erfüllen muss, die er damit schürt, sondern Tanner.

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