Geheimnisvolle Familienwirtschaft

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BERICHT. Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner (ÖVP) beim Wort genommen, hat seine Partei in den vergangenen Jahren vom Wirtschaftsbund bis zu zwei Millionen Euro erhalten. Noch besser: Auch Beteiligungsunternehmen des Landes sind im Spiel.

Wer nichts zu verbergen hat, muss Transparenz nicht fürchten. Oder so. Bei der Vorarlberger ÖVP wären vertrauensbildende Maßnahmen überfällig. Aussagekräftige Angaben zu den Parteifinanzen sind zwar angekündigt mit den Grünen (Koalitionspartner), sie aber sind erstens noch nicht beschlossen und betreffen zweitens nur die Zukunft.

Seit Herbst des vergangenen Jahres stehen Inserate im Magazin „Vorarlberger Wirtschaft“ des dortigen Wirtschaftsbundes im Fokus einer interessierten Öffentlichkeit. Das ist eine Teilorganisation der ÖVP Vorarlberg und Obmann der ÖVP Vorarlberg ist Landeshauptmann Markus Wallner. Brisant ist mehreres: Ein Teil der Inserate stammt von Beteiligungsunternehmen des Landes; Erträge gingen auch an die Volkspartei; offengelegt wird wenig bis nichts – und zwar mit dem Hinweis, dass man gesetzlich nicht dazu verpflichtet sei. Andererseits: Verboten wäre es auch nicht.

Jetzt wurde nach Berichten von „Der Standrad“, ORF und VN bekannt, dass infolge einer Selbstanzeige eine Finanzprüfung beim Wirtschaftsbund laufe. Es gehe unter anderem um die steuerrechtliche Einstufung der Geldflüsse an die ÖVP bzw. darum, ob sie mehrwertsteuerpflichtig seien oder nicht – der Wirtschaftsbund meine, sie seien es nicht.

Das Licht der Öffentlichkeit mag man beim Vorarlberger Wirtschaftsbund gar nicht. Mittlerweile sind die Ausgaben des pausierenden Magazins nicht einmal mehr online abrufbar. Als dies noch möglich war, hat dieSubstanz.at die Inseratenerträge auf Basis der angegebenen Tarife abgeschätzt. Ergebnis: Pro Ausgabe handelt es sich um gut und gerne 100.000 Euro, übers Jahr gerechnet geht’s Richtung Million.

Transparenz existiert nur zu Inseraten ab einem Volumen von 5000 Euro pro Quartal, die von Rechtsträgern stammen, die der Rechungshofkontrolle unterliegen. Laut Website medien-transparenz.at brachten sie der „Vorarlberger Wirtschaft“ von Mitte 2002 bis Ende 2021 insgesamt 385.293,20 Euro. Mehr als die Hälfte stammt von der Hypobank, die mehrheitlich im Besitz des Landes steht. Starke Inserentin ist daneben auch die Wirtschaftskammer. Landespräsident seit 2016: Hans-Peter Metzler, zugleich auch Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes.

Wie viel ging nun an die Volkspartei? Im Dezember wollte Markus Wallner keine Angaben dazu machen, jetzt verwies er laut VN auf Rechenschaftsberichte. Zumal er wohl weiß, dass Erträge aus parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit nur gebündelt ausgewiesen werden müssen, kann man unterstellen, dass sie im Falle seiner Partei bis zur Gänze vom Wirtschaftsbund kommen. 2013 bis 2018 handelte es sich – laut der auf der Website es Rechnungshofes einsehbaren Berichte – um bis zu 2,1 Millionen Euro, wobei es nach Jahren erhebliche Unterschiede gibt. 2013 und 2018 null, 2016 636.515,81 Euro. Wie gesagt: Wenn sie wollte, könnte die Partei das offenlegen. Sie würde kein Verfahren und schon gar keine Strafe riskieren.

Diese Erträge sind auch für die größte Partei im kleinen Bundesland stattlich. An Parteienförderung weist sie nur etwa 1,1 Millionen Euro pro Jahr aus. Anmerkung: Für 2019 liegt noch kein Rechenschaftsbericht für die gesamte Volkspartei vom Boden- bis zum Neusiedlersee und damit auch keiner für die Vorarlberger Landesorganisation vor.

Nachtrag: Jüngsten Berichten zufolge wurden Wirtschaftsbund-Gelder im Rechenschaftsbericht der Vorarlberger ÖVP unter „Beiträgen von Mandataren und Funktionären“ ausgewiesen. Sie seien im Übrigen nur in Jahren mit einer Landtagswahl geflossen. 2014 waren diese Beiträge mit rund 570.000 Euro deutlich höher als etwa im „Nichtwahljahr“ darauf (180.000 Euro). Überprüfbar sind diese Angaben nicht > es mangelt an Transparenz.

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