Alemannische Blackbox

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BERICHT. Die Vorarlberger ÖVP hat in den vergangenen Jahren Millionen mit „parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“ verdient. Details? Will Parteichef Wallner nicht sagen, solange er nicht muss. Gerade als Föderalist könnte er anders.

Es ist immer wieder das Gleiche. Vor wenigen Wochen konnte die Rechercheplattform „Dossier“ endlich berichten, dass die SPÖ-nahe Stadt Wien um 170.720 Euro (Steuergeld) in einer einzigen Beilage eines SPÖ-nahen Verlages inseriert hatte. Transparent gemacht worden war das nicht. „Dossier“ musste für die Offenlegung den Rechtsweg beschreiten. Schlimmer: Hinterher war das der Stadt nicht einmal peinlich. Sie empörte sich vielmehr über die Berichterstattung und betonte, „alle rechtlichen Vorschriften“ eingehalten zu haben.

Am anderen Ende von Österreich gibt es Ähnliches in schwarz. Vorarlbergs Landeshauptmann und ÖVP-Chef Markus Wallner will nicht erklären, woher die Erträge aus „parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“ stammen, die seine Partei in ihren Rechenschaftsberichten ausweist. Gefordert sei lediglich eine „Ziffer“, so Wallner auf einer Pressekonferenz: „Und darüber hinaus sind derzeit keine weiteren Bestimmungen vorhanden. Wenn sich das ändert, wird das auch anders sein.“

In beiden Fällen wird auf ein und dasselbe Problem verwiesen: Bestehende Transparenzregelungen für Inserate und Parteienfinanzierung, die zum Teil sogar ineinander übergehen, sind nicht ernstzunehmen. Genauer: Man kann davon ausgehen, dass es nur darum geht, ein paar Zahlen zu veröffentlichen, um behaupten zu können, dass man nichts zu verbergen habe; in Wirklichkeit sind die Zahlen jedoch nur bedingt aussagekräftig.

Blieben wir beim Beispiel der Vorarlberger Volkspartei: Auf der Website des Rechnungshofes sind die Rechenschaftsberichte aller Parteien seit 2013 veröffentlicht. Die Berichte der Vorarlberger Volkspartei sind in denen der gesamten ÖVP enthalten. Für 2019 liegt von ihr noch keiner vor. Der Rechnungshof sah die Notwendigkeit, offene Fragen zu klären. Wie auch immer: Von 2013 bis 2018 wies die Vorarlberger Volkspartei Gesamteinnahmen in Höhe von 11,3 Millionen Euro aus. Rund sieben Millionen Euro entfielen auf die staatliche Förderung, 1,4 Millionen Euro auf Beiträge von Mandataren und Funktionären („Parteisteuer“). Einen größeren Brocken, nämlich 2,1 Millionen Euro, bildeten „Erträge aus parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“. Zum Vergleich: Sonstiges machte daneben nur noch 0,7 Millionen Euro aus, wobei es sich insbesondere um „Personalkostenrefundierungen“ im Jahr 2018 handelte (473.000 Euro).

Wie man sieht, fallen die „Erträge aus parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“ ganz schön ins Gewicht. Von Jahr zu Jahr ist das jedoch höchst unterschiedlich: 2013 und 2018 handelte es sich um „null Euro“. 2014 waren es etwas mehr, 2015 und 2017 etwas weniger als 500.000 Euro. Am größten waren die Erträge im Jahr 2016, nämlich mit 636.515,81 Euro.

Woher und warum will Wallner mit Verweis darauf, dass es nicht gefordert sei, wie erwähnt nicht ausführen. Das erscheint bemerkenswert: Zum einen kann man freiwillig mehr Transparenz walten lassen. Zum anderen sind es gerade immer wieder Landeshauptleute, die den Bund mit Kritik oder Forderungen konfrontieren, wenn ihnen etwas nicht gefällt. In Bezug auf die vorhandenen Intransparenzregelungen herrscht das große Schweigen. Signal: Man ist nicht unzufrieden damit.

Die Vorarlberger ÖVP hat die Aufmerksamkeit aufgrund von Praktiken ihrer Teilorganisation, des Wirtschaftsbundes, auf sich gezogen. Wie hier berichtet, erscheinen im Magazin dieses Wirtschaftsbundes sehr viele Inserate, die pro Stück unterhalb der „Bagatellgrenze“ für eine Veröffentlichung liegen, summa summarum pro Ausgabe aber gut und gerne 100.000 Euro bringen. Übers Jahr geht‘s Richtung Million.

Es gibt lediglich eine Transparenzdatenbank, der für einen Teil der Inserate im Magazin namens „Vorarlberger Wirtschaft“ Inseratengeschäfte zu entnehmen sind. Nämlich der Teil, der darauf basiert, dass Rechtsträger, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, Schaltungen über 5000 Euro pro Medium und Quartal einmelden müssen. Auf der Seite „medien-transparenz.at“ sind die Treffer für die „Vorarlberger Wirtschaft“ ausgewiesen. Seit 2012 kamen demnach alles in allem 224.000 Euro von der Hypo, an der das Land beteiligt ist; sowie in Summe knapp 140.000 Euro von der Wirtschaftskammer (Österreich und Vorarlberg). Der Landesenergieversorger meldete Inserate um 13.200 Euro, die Vorarlberger Energienetze um 7200, der Verkehrsverbund um 6300 Euro. Gesamtsumme: 385.293,20 Euro.

Problem: Das Land Vorarlberg wird seit 1945 federführend von der ÖVP geführt, deren Teil der Wirtschaftsbund mit dem Magazin ist. Wenn hier Inserate erscheinen, die auch nur im Entfernstesten aus dem Einflussbereich des Landes stammen, wäre es das Mindeste, sie nicht ab einer Bagatellgrenze, sondern zeitnah generell offenzulegen. Auch wenn das Bundesgesetze nicht vorsehen. Sie verbieten niemandem, besser zu sein. Vor allem, wenn es um vertrauensbildende Maßnahmen geht.

Das gilt auch für die Stadt Wien, die seit 2012 Inserate über 210 Millionen Euro gemeldet hat. Was nur ein Teil der Wahrheit ist, wie die „Dossier“-Recherchen eindrucksvoll zeigen. In ihrem Fall hätte es sogar die Ankündigung gegeben, ordentliche Regelungen zu schaffen. Enthalten ist sie im rot-pinken Koalitionsprogramm aus dem Herbst 2020. Erkennbar ist bis heute nichts dergleichen.

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