ANALYSE. So widersprüchlich kann Politik sein: Einerseits eine Schuldenbremse fixieren, andererseits Staatsausgaben in die Höhe treiben. Verantwortlich dafür: ÖVP und FPÖ.
Sagen wir, es ist egal, wie man zu einer Schuldenbremse steht. Wenn man aber dafür ist, muss man auch ganz praktische Politik machen, die dem entspricht. ÖVP und FPÖ tun es nicht. Im Gegenteil, sie konterkarieren die Schuldenbremse, auf die sie sich mit den NEOS verständig haben, gleich einmal selbst.
Gemäß Schuldenbremse soll das Defizit des Bundes maximal 0,35 Prozent des BIP betragen und jenes der Länder und Gemeinden zusammen höchstens 0,1 Prozent. In Zeiten wie diesen ist das kein Problem. Da geht das sogar ohne Budgetwende: Im vergangenen Jahr ist zum Beispiel allein das Lohnsteueraufkommen von 25,4 auf 27,2 Milliarden Euro explodiert. Da müsste man schon extrem kreativ sein, um damit nicht auskommen zu können.
Von Nachhaltigkeit kann in der österreichischen Budgetpolitik aber keine Rede sein. Ohne die stark steigenden Steuereinnahmen würde es ein wachsendes Minus geben. Zumal große Ausgaben weiter zunehmen. Eine Ahnung davon hat Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Frühjahr im Stabilitätsprogramm geliefert, das einen längerfristigen Ausblick enthält. Bis 2050 steigt der Anteil altersbedingter Ausgaben (Pensionen, Pflege etc.) demnach gemessen am BIP um einen Prozentpunkt pro Jahrzehnt. Das ist nicht nichts, sondern sehr viel.
Wie das ohne Steuer- oder Beitragserhöhungen bewerkstelligt werden soll? Ein Rätsel, das Löger in Stabilitätsprogramm nicht beantworten konnte. Vielleicht, weil er und seinesgleichen überhaupt nur im Jetzt leben und die Zukunft egal ist. Dieser Vorwurf ist hart, jedoch begründet: Seit 2017 sollte es eine Alterssicherungskommission geben, die die Entwicklung der Pensionskosten im Auge behält. Das ist gesetzlich so vorgesehen. Allein: Die Kommission ist vom Sozialministerium bis heute nicht konstituiert worden. Wohl nicht ganz unerwünschter Nebeneffekt: Damit erspart man sich auch unangenehme Hinweise darauf, dass möglicherweise weitere Reformen überfällig wären.
Das ist jedoch nicht alles. ÖVP und FPÖ sind einerseits zwar für eine Schuldenbremse, haben andererseits aber gleich auch eine Erhöhung des Mindestpensionen fixiert. Letzteres kann man politisch natürlich argumentieren, es wirft jedoch einige Fragen auf: Wie sollen die umso stärker steigenden Pensionsausgaben jetzt erst recht bewältigt werden? Und überhaupt: Die Maßnahme führt dazu, dass der Bundeszuschuss zur Pensionsversicherung stark zunehmen wird; finanziert wird das schließlich aus Steuermitteln. Abgesehen davon, dass Steuern eigentlich gesenkt werden sollen: Gerade konservative Politiker weisen immer wieder darauf hin, dass der Bundeszuschuss ohnehin schon viel zu hoch sei. Ist ihnen das ab sofort egal?
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