#bpwahl16 Auf das VfGH-Urteil kann man auch stolz sein

KOMMENTAR. In Österreich werden bei Wahlen außerordentlich hohe Standards vorausgesetzt. Dass Behörden und Parteienvertretern diesen nicht genügen, ist die Kehrseite.

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KOMMENTAR. In Österreich werden bei Wahlen außerordentlich hohe Standards vorausgesetzt. Dass Behörden und Parteienvertretern diesen nicht genügen, ist die Kehrseite.

Von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) war es eine besondere Chuzpe, schon zu Beginn der Verhandlungen über die Bundespräsidenten-Stichwahl vor dem Verfassungsgerichtshof wissen zu lassen, dass man auf eine Wiederholung vorbereitet wäre. Immerhin haben die Missstände, die da zu Tage kamen, auch ein Versagen zuständiger Behörden zum Ausdruck gebracht; und das reicht von den Gemeinden über die Bezirksverwaltungsbehörden (Länder) bis hinauf zum Innenministerium (Bund).

Der Innenminister als Chef der obersten Wahlbehörde kann also nicht so tun, als ließe sich die Wahl einfach so wiederholen. Gerne würde er das. Doch zum Glück gibt es einen Verfassungsgerichtshof (VfGH), der demonstriert, dass Österreich keine Bananenrepublik ist, sondern über einen hervorragenden Rechtsstaat verfügt.

„Wahlen sind das Fundament unserer Demokratie“, stellte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger fest, als er das Erkenntnis zur Wiederholdung der Stichwahl präsentierte: „Und es ist die vornehmste Pflicht des Verfassungsgerichtshofes, dieses Fundament funktionsfähig zu halten.“ Dass die Richter das so ernst nehmen wie ihre Kollegen in kaum einem anderen Staat, ist nichts, wofür man sich schämen muss; im Gegenteil. Die Wahlwiederholung zeugt vielmehr davon, dass hierzulande außerordentlich hohe Standards vorausgesetzt werden.

Die Kehrseite davon ist, dass die ausführenden Organe diesen nicht genügen. Wobei Holzinger differenzierte: Wahlbehörden sind Kollegien; dass Parteien die Möglichkeit haben, Vertreter zu entsenden, soll der Objektivität des Wahlvorgangs verbürgen. Daher müssen sie zum einen der gesamten Auszählung beiwohnen können; und zum anderen ist es notwendig, dass sie ihre Funktion ernst nehmen. Beides war bei der Stichwahl vom 22. Mai in zu vielen Bezirken nicht der Fall. Und letzteres ist laut Holzinger nicht einzelnen Funktionären anzukreiden, die sich freiwillig engagieren; sondern den Parteien, die sie ganz offensichtlich entsendet haben, ohne sie ausreichend zu sensibilisieren. Was angesichts des Umstandes, dass es um Wahlen bzw. ein Fundament der Demokratie ging, im Grunde genommen unverzeihlich ist.

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