ANALYSE. Hofer, Kickl und Strache haben ihre Themen verloren. Und dabei wird es bleiben, so lange Sebastian Kurz etwas zu sagen hat.
Norbert Hofer, Herbert Kickl und Heinz-Christian Strache haben nichts mehr zu melden. Kaum vorstellbar aus heutiger Sicht, dass Hofer vor vier Jahren auf dem Weg dazu war, Bundespräsident zu werden und Strache das Kanzleramt vor Augen hatte. Vor allem Sebastian Kurz hat dafür gesorgt, dass alles ganz anders gekommen ist. Und dass es wohl auch noch länger dabei bleiben wird.
Norbert Hofers Auftritt im ORF-Sommergespräch mit Simone Stribl war bezeichnend: Der FPÖ-Chef will kein Impfskeptiker sein, aber Impfgegner gegen eine Corona-Impfpflicht mobilisieren. Was für sich genommen schon eine Kunst ist, erschwert sich dadurch, dass derzeit keine politische Mehrheit in Österreich die Absicht äußert, eine solche einzuführen. Unter diesen Umständen kann Hofer nicht punkten.
Und überhaupt: Die FPÖ war die erste, die im Frühjahr Grenzschließungen und einen echten Lockdown forderte – und sie versucht nun die Speerspitze einer Gruppe zu bilden, die gegen Verbote, Beschränkungen und Gebote auftritt. Logik? Null. Es handelt sich eher um einen krampfhaften Versuch, populistisch zu sein.
Die blauen Irrläufe sind nachvollziehbar: Hofer ist an der Seite von Strache in einer Partei groß geworden, die von einem weit verbreiteten Unmut über die Große Koalition profitierte und die es zudem schaffte, wirkungsvoll – im Sinne von Wahlerfolgen – gegen Flucht und Migration zu kampagnisieren.
Beides ist schwer bis unmöglich geworden: Sebastian Kurz hat die Rollen übernommen. Er hat es geschafft, „neu regieren“ für sehr viele Menschen glaubwürdig zu praktizieren, und er lässt bei den übrigen ex-freiheitlichen Kernthemen nichts anbrennen. Bietet sich eine Gelegenheit, wird er gegenüber der Türkei und Erdogan so deutlich, wie er etwa gegenüber Ungarn und Orban zurückhaltend ist. Das kommt an bei einer Mehrheit im Allgemeinen und bei ehemaligen Freiheitlichen im Besonderen.
Kurz sorgt dafür, dass Österreich keine Minderjährigen aus griechischen Flüchtlingslagern übernimmt. Kritik von Leuten wir Christian Konrad nimmt er in Kauf. Wichtiger ist für ihn, den Freiheitlichen keine Angriffsflächen in ihrem Sinne zu verschaffen. Auch erfolgreiche Lehrabsolventen will er nicht im Land lassen – mit der Begründung, dass es hier genug Arbeitslose gebe. Sie erinnern sich? Das kommt der Rechnung nahe, die Jörg Haider einst angestellt hat. Motto: „Es gibt so und so viele Fremde und so und so viele Menschen ohne Job – kein Wunder.“
Längerfristig könnte die Coronakrise den Freiheitlichen durchaus Hoffnung machen, wieder ein wenig Tritt zu fassen. Theoretisch. Praktisch ist es Kurz zuzutrauen, auch diese Herausforderung zu bewältigen: Wenn Arbeitslosigkeit und Infektionszahlen hoch bleiben, wird er kaum auf die Idee kommen, irgendwann vielleicht doch ein bisschen selbstkritisch zu werden. Im Gegenteil. Kostprobe: „Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich.“ Heißt zwischen den Zeilen „aus dem Ausland“. Das ist eine Erzählung, die Freiheitliche zu Verzweiflung treiben muss – das ist einst ihre Stärke gewesen, das können sie nicht überbieten.
Heinz-Christian Strache, der nun mit einer eigenen Liste bei der Wiener Gemeinderatswahl antritt, fällt dagegen fast noch weniger ein als Hofer. Bezeichnend: Auf der Website dieser Liste gibt es zunächst keinen Inhalt, sondern ausschließlich den Aufruf, Teil einer Bewegung zu werden, die Darstellung eines leeren Rednerpultes und die Einladung, einen Newsletter zu abonnieren. Es geht also allein darum, Strache zu einem kleinen Comeback verhelfen. Das ist Selbstzweck. Mehr nicht.
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