Alte Politik

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ANALYSE. Bei der Neubesetzung der Medienbehörde RTR signalisiert die Regierung, dass sie an keiner Änderung der Verhältnisse interessiert ist. Machtmissbrauch und Willkür bleiben bestimmend.

Zum Amtsantritt hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im vergangenen Dezember vorgegeben, seiner Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) ein großes Aufgabenpaket zu übertragen. Förderungen sollten neu aufgesetzt werden und bei öffentlichen Inseraten sollte nicht nur sparsamer gewirtschaftet werden, die Vergabe sollte auf Basis nachvollziehbarer Kriterien erfolgen. Willkür, die immer auch im Geruch steht, Willfährigkeit zu belohnen, sollte der Vergangenheit angehören.

Eine zentrale Funktion bei alledem kommt der Medienbehörde RTR zu. Sie wickelt unter anderem die Fördermillionen ab und erfasst zumindest die meldepflichtigen Werbeschaltungen vom Boden- bis zum Neusiedlersee. Bisher sollte RTR eher nur funktionieren. Erstgereihter beim Auswahlverfahren für die Geschäftsführung war 2017 der ehemalige „Zeit“-Österreich-Repräsentant, „Darum“-Herausgeber Sebastian Loudon. Ausgewählt wurde vom seinerzeitigen Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) jedoch Oliver Stribl. Er hatte einst im Presse- und Informationsdienst (PID) der SPÖ-geführten Stadt Wien gearbeitet.

Wenig überraschend ist RTR in den vergangenen Jahren unauffällig geblieben. Bezeichnendes Beispiel: Bei der Veröffentlichung von Inseraten begnügte man sich mit den Vorstellungen der Erfinder, allen voran Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ). Aufbereitet ist das Ganze so wie das Telefonbuch einer Millionenstadt: Man muss wissen, was man sucht. Sonst findet man gar nichts. Erschwerend kommt hinzu, dass man mit dem Abfrage-Tool zurechtkommen muss. Es ist das Gegenteil von benutzerfreundlich. Unterstellung: Der Öffentlichkeit wird Transparenz vorgegaukelt, sie ist aber so umgesetzt, dass allenfalls nur Insider etwas anfangen können damit.

2022 steht nun eine Neubesetzung der RTR-Geschäftsführung an. Dabei zeigt sich, dass Nehammer offenbar doch nichts ändern möchte. Loudon hätte sich wieder beworben. Diesmal ist er nicht einmal zu einem Hearing geladen worden. Vielleicht hatte der Mann zu viele Ambitionen. Eine Begründung liegt nicht vor. Aussichtsreichster Kandidat ist laut „Standard“ der „gutbürgerlich vernetzte“ Radiomanager Wolfgang Struber, ein CVer. Raab wird entscheiden.

Man kann sich wundern darüber, dass Loudon nicht einmal mitgeteilt worden ist, warum er ignoriert wird. Er kommt vom Fach und kann auch glaubwürdig vermitteln, welche Chancen mit dem Medienpolitik-Instrument RTR einhergehen könnten. Natürlich: Man muss einen solchen Mann nicht nehmen. Sich aber nicht einmal die Mühe zu machen, das zu erklären, lässt tief blicken.

Es zeugt von einer unverändert großen Hemmungslosigkeit, Macht zu missbrauchen. Man tut einfach, was einem gefällt, begründet es nicht, weil es unmöglich ist, das sachlich zu tun. Raab hat das zuletzt etwa auch bei der umstrittenen Bestellung des Kandidaten eines ÖVP-Think-Tanks zum Vertreter des gesamten Hochschulbereichs im ORF-Publikumsrat demonstriert. Die Universitäten, die nicht nur aus der ÖVP bestehen, protestierten darüber; zurecht. Allein: Die Grünen sehen sich gezwungen, mitzuspielen, um den Türkisen nicht alles allein zu überlassen. Also durfte ihr Ex-Sprecher Lothar Lockl Vorsitzender des ORF-Stiftungsrates werden.

Schwacher Trost: So erledigt sich ein System selbst. Es kommt nicht irgendwoher, dass das Vertrauen in die Politik so gering ist. Wie der Hase läuft, sieht eine Masse genauso wie es Leute tun, die persönlich erfahren müssen, dass Kompetenz und Leistung allein auch im Jahr 2022 nichts zählen bei Postenvergaben. Im Vordergrund steht noch immer die „richtige“ Partei- oder Familienzugehörigkeit. Sie bleibt wesentlich im Einflussbereich der öffentlichen Hand.

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