ANALYSE. Dass das Land allein mit dem Argument, das Sozialsystem müsse gesichert werden, Flüchtlingen die Mindestsicherung kürzt, ist nicht nachvollziehbar.
Bei der Mindestsicherung gibt es Handlungsbedarf. Zweistellige Zuwachsraten können nicht einfach so hingenommen werden. Bei einer Problemanalyse sollte man jedoch die Maßverhältnisse im Auge behalten. Sonst wird’s verräterisch, muss der Eindruck entstehen, dass es ausschließlich um Stimmungsmache gehe. Wie in Oberösterreich, wo per schwarz-blauem Landtagsbeschluss die Leistung für Asylwerber gekürzt wird. Zahlen zeigen, wie fragwürdig diese Vorgangsweise ist.
Die Tageszeitung „Der Standard“ fasste die oberösterreichische Argumentation am 15. Juni so zusammen: „Der Beschluss sei ,kein angenehmer, aber ohne Alternativen’, sagte ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer: ,Wir sind nicht die harten Hunde, die aus Jux und Tollerei kürzen. Wir machen das aus Verantwortung gegenüber unseren Landsleuten.’
Was steckt jedoch dahinter?
– Die Mindestsicherungsausgaben des Landes sind im vergangenen Jahr um ein Viertel gestiegen. Gemessen an der Bevölkerung gehörten sie bisher jedoch zu den Niedrigsten. Oberösterreich hat beispielsweise dreimal mehr Einwohner als Salzburg, 2014 war die Zahl der Sozialleistungsbezieher mit 17.594 jedoch kaum höher als dort (13.370).
– Gemessen an den gesamten Landesausgaben betrugen jene für die Mindestsicherung 2014 in Oberösterreich 0,7 Prozent. Jüngere Zahlen liegen „Statistik Austria“ noch nicht vor. Geht man von einem Anstieg von einem Viertel im Jahr 2015 aus, machen sie aber immer noch kein Hundertstel aus.
– Auf 36,1 Millionen Euro beliefen sich die Mindestsicherungsausgaben Oberösterreichs 2014. Zum Vergleich: Für die Parteienförderung machte das Land 19,9 Millionen Euro locker.
– Ähnlich stark wie die Zahl der Mindestsicherungsbezieher sowie die Aufwendungen dafür steigt in Oberösterreich die Zahl der Notstandshilfebezieher. Allein seit 2012 hat sie um drei Viertel zugenommen – von 9257 auf 16.037. Das zeigt, das es vor allem um ein Standortproblem geht: Notstandshilfebezieher sind Langzeitarbeitslose, die in der Regel so wenig bekommen, dass sie Anspruch auf eine Mindestsicherung haben.
– Zur Lösung des Problems wäre in Oberösterreich also nicht nur die Flüchtlings-, sondern vor allem auch die Wirtschaftspolitik gefordert. Doch davon ist nichts zu hören.