ORF: Keine Illusionen

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ANALYSE. Was soll sich durch das VfGH-Erkenntnis ändern? Die ÖVP sieht das Problem nicht und die FPÖ will den Öffentlich-Rechtlichen zerschlagen.

Die Stellungnahme von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) fiel knapp, aber seltsam aus. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), wonach Regelungen zur Zusammensetzung von ORF-Stiftungs- und Publikumsrat verfassungswidrig seien, werde derzeit geprüft, ließ sie wissen. Und: „Überraschend ist jedenfalls, dass die Gremienstruktur seit Jahrzehnten im Wesentlichen unverändert ist und dies jetzt mit einem Mal verfassungswidrig ist.“ Was will sie damit sagen? Dass Gesetze nach 20 Jahren nicht mehr aufgehoben werden sollten? Dass sie nicht wahrhaben will, dass sich der Verfassungsgerichtshof erst jetzt, aufgrund einer Anfechtung durch die burgenländische Landesregierung, damit befasst hat? Wahrscheinlich dies: „So schlimm kann das Ganze nicht ein, wenn es erst jetzt gekippt wird.“

Heißt umgekehrt: So groß kann der Korrekturbedarf nicht sein. Bis März 2025 ist laut VfGH Zeit dafür. Es ist denn auch davon auszugehen, dass sich die ÖVP, sofern sie sich mit den Grünen noch darauf verständigen mag, auf das Allernötigste beschränken wird; oder dass sie darauf setzt, danach gemeinsame Sache mit einer Wahlsiegerin FPÖ machen zu können. Das würde dann bedeuten, dass der ORF zerschlagen wird. Zu einem „Grundfunk“, wie es Herbert Kickl bereits angekündigt hat. Zumal derzeit nur „linkslastige Berichterstattung“ geboten werde. Vielleicht würde auf Wunsch von Schwarz-Türkisen neben bundesweiten Verlautbarungen im Rahmen einer gestrafften Zeit im Bild noch Folklore aus den Landesstudios dazu kommen. Das ORF-Gesetz würde dann nicht korrigiert werden, sondern durch ein ganz anderes ersetzt werden. Mit Budgetfinanzierung, damit der Sender an der kurzen Leine gehalten werden kann und so weiter und so fort.

Das Schlimme ist, dass die ÖVP nicht kapiert, worum es geht. Nach bald 37 Jahren in der Regierung glaubt sie, es sei ein Naturgesetz, dass sie über den Stiftungsrat wesentlichen Einfluss auf den ORF habe.

Wird dem VfGH-Erkenntnis Folge geleistet und bleibt die ÖVP am Runder, wird sich nichts Wesentliches daran ändern: Die Regierung wird weniger Stiftungsräte bestimmen können. Abgesehen davon wird sie nur Leute aus unterschiedlicheren Bereichen und mit eventuell nachweisbaren Qualifikationen auswählen müssen. Das können, wie es im Parteisprech nicht erst seit Andreas Babler heißt, „unsere Leute“ bleiben. Freundeskreise, also türkise, rote, grüne und künftig wohl auch wieder blaue Fraktionen, werden bleiben.

Das Problem ist, dass es um eine Kulturfrage geht, die sich durch kein Gesetz der Welt bestimmen lässt: Es muss die Bereitschaft geben, sich darauf zu verlassen, dass man gute Stiftungsräte auswählt – und sie dann in Ruhe arbeiten lässt; sie in keinen Sitzungen mit einem Typen wie Gerald Fleischmann (ÖVP) versammelt, um ihnen quasi Direktiven zu erteilen. So war das vor der Kür von Roland Weißmann zum Generaldirektor.

Das Problem ist, dass die ÖVP glaubt, immerwährend in der Regierung zu bleiben und so diese unsägliche Praxi ewig weitertreiben zu können. Dass sie nicht auf die Idee kommt, dass sie eines Tages auf der Oppositionsbank landen und dann einer wie Kickl ihre Methoden übernehmen könnte; aber halt nicht zu ihren, sondern allein zu seinen Gunsten.

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