BERICHT. Im ersten Halbjahr hat die Stadt mit ihren Beteiligungsunternehmen mehr als zehn Millionen Euro ausgegeben. Größte Nutznießerin: Das Boulevardblatt „Österreich – oe24“.
Für das erste Halbjahr 2023 hat die Stadt Wien gemeinsam mit ihren Beteiligungsunternehmen (z.B. „Wien Energie“) Inserate im Wert von 10,5 Millionen Euro gemeldet. Das war mehr als die Bundesregierung bzw. das Kanzleramt und sämtliche Ministerien zusammen. Sie kamen laut der Seite medien-transparenz.at auf 8,1 Millionen Euro, wie eine Datenabfrage vom 20. September zeigt.
Bemerkenswert sind auch die unterschiedlichen Gewichtungen: Die Bundesregierung hat einen größeren Teil ihrer kleineren Ausgaben für den Boulevard ausgegeben. An der Spitze liegt die „Kronen Zeitung“ mit 624.522,85 Euro. Berücksichtigt man die gesamte „Krone“-Gruppe, zu der unter anderem die Seite „krone.at“ gehört, kommt man laut medien-transparenz.at auf immerhin 1,14 Millionen Euro. Bei der „Österreich“-Gruppe mit dem Blatt „Österreich – oe24“ handelt es sich um 619.000 Euro, bei der „Heute“-Gruppe um 527.000 Euro. Zum Vergleich: Auf die „Standard“-Gruppe entfielen 449.000 Euro.
Die Bundesregierung dürfte damit alles in allem eher auf Reichweiten achten als es die Stadt Wien mit ihren Beteiligungsunternehmen tut. Diese gibt insgesamt wie gesagt mehr Geld aus. Und sie „fördert“ vor allem auch den Boulevard in Summe ungleich stärker. So gingen jeweils fast gleich große Summen an die Gruppen „Krone“ (1,14 Millionen Euro), „Österreich“ (ebenfalls 1,14 Millionen Euro) und „Heute“ (1,12 Millionen Euro). Im Einzelnen ist das Blatt „Österreich – oe24“ mit immerhin rund 940.000 Euro die größte Nutznießerin.
Wien wendete darüber hinaus aber auch mehr für Medien aus dem Qualitätssegment auf. Zum Beispiel 1,01 Millionen Euro für die „Standard“-Gruppe bzw. 723.323,55 Euro für die Tageszeitung „Der Standard“ allein. Oder immerhin auch 404.181,04 Euro für die Printausgabe der bürgerlichen „Presse“. Diese musste sich bei der Bundesregierung mit gut halb so viel begnügen (218.703,39 Euro).
Zur Erinnerung: Es gibt in Europa kein Land und keine Kommune, in der derartige Summen auf bisher weitgehend ungeregelter Basis für Inserate aufgewendet werden. Aus gutem Grund: Es handelt sich um Willkür, die Korruption ermöglicht. Sehr wohl aber gibt es Länder, die mehr für Förderungen nach nachvollziehbaren Kriterien aufwenden. Ebenfalls aus gutem Grund: Es entspricht eher demokratischer Rechtsstaatlichkeit.
Und Treppenwitz: Die SPÖ-geführte Stadt Wien stärkt hier durch Inserate ausgerechnet den Boulevard schier unbegrenzt, der eine gewisse Neigung dazu hat, Bundesparteivorsitzenden Andreas Babler vor sich her zu prügeln.
Anmerkung: In der Medientransparenzdatenbank sind einzelne Rechtsträger wie das Bundeskanzleramt und Ministerien oder eben die Stadt Wien ausgewiesen. Auf der Seite medien-transparenz.at gibt es Zusammenfassungen nach Gruppen. Im ersten Fall ist das „Bundesregierung“ und im zweiten „Stadt Wien inkl. Beteiligungsunternehmen“. Eine Gruppe „Bundesregierung inkl. Beteiligungsunternehmen“ wird nicht angeführt. Auf die Stadt Wien allein entfielen im ersten Halbjahr 7,4 Millionen Euro. Die Seite medien-transparenzt.at ist ein Projekt der FH Joanneum und im Unterschied zur Medientransaprenzdatenbank anwender:innenfreundlich.