Sparen ja, aber bei den anderen

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ANALYSE. „Das Geld wächst nicht auf den Bäumen“, sagt Medienministerin Raab und hat dem ORF ein großes Kürzungspaket abgerungen. Das hat System.

Sebastian Kurz und seinen Leuten war schon im Vorfeld der Nationalratswahl 2017 bewusst, dass ihre Ankündigungen unfinanzierbar sind. Da und dort sind sie zwar mit der Behauptung durchgekommen, dass sich das unter anderem durch die Kürzung von Förderungen ausgehen werde, das war aber weder im Detail ausgeführt noch ernstgemeint. Im Hintergrund schmiedeten sie andere Pläne. „Politik finanzieren wir mit Politik-Änderungen in SPÖ-Hochburgen, wo viel zu holen ist und es niemandem wehtut“, schrieb der damalige Generalsekretär Thomas Schmid wenige Wochen vor dem Urnengang Bernhard Bonelli, einem Mitarbeiter von Kurz, der noch im Außenamt saß.

„Das Geld wächst nicht auf den Bäumen“, sagt Medienministerin Susanne Raab (ÖVP), die von Kurz später in die Politik geholt wurde und sich nach wie vor dort befindet, bezieht das aber nicht auf sich und ihre Partei oder eine Klientel, die ihr und ihrer Partei wichtig ist.

Während die Parteienförderung – wie hier berichtet – automatisch weiter wertgesichert wird und damit heuer sogar stärker „steigen“ wird als um Herbst budgetiert; oder während das Land Oberösterreich – wie hier berichtet – in einem einzigen Parteimedium vier ganz- und zwei halbseitige Inserate schaltet, muss beim ORF der Rotstift angesetzt werden. So soll das Radio Symphonieorchester eingestellt werden (mehr dazu hier). Sparen ja, aber bei den anderen. Bei Menschen und Einrichtungen nämlich, die der ÖVP fernstehen.

Zur Klarstellung: Mit dem Geld von Steuer- und Gebührenzahlern ist sorgsam umzugehen. Überall. Aber: Immer wieder wichtig ist neben Transparenz, bei der es hapert (Stichwort Amtsgeheimnis), dass Allgemeininteressen verfolgt werden. Dazu sollte zum Beispiel ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk zählen, bei dem unabhängiger Qualitätsjournalismus gesichert ist. Eine glaubwürdige Klarstellung dazu fehlt jedoch. Hinweise wie jene, dass zum Beispiel mit irgendwelchen US-Unterhaltungsserien und gefühlt unendlich vielen Moderatoren auf dem Opernball einfach nur Geld zum Fenster hinausgeschmissen werde, sind daher mit Vorsicht zu genießen. Zumal Raab ja auch für die Einstellung der Wiener Zeitung steht.

Unabhängiger Journalismus ist lästig, wie „SPÖ-Hochburen“ aus türkiser Sicht vor sechs Jahren unnötig waren. Also hat man hier kein Problem damit, an Kürzungen zu denken oder ernstzumachen damit.

Auch wenn die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger keine Patientenmilliarde gebracht hat, wie sie von Kurz und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) angekündigt wurde, gilt sie als eine der wenigen Reformen ihrer Regierung. Dabei war das Muster offensichtlich: Zusammengelegt wurden auf Kosten sozialdemokratischer Arbeitnehmervertreter vor allem Gebietskrankenkassen. Und an der Spitze wurden ÖVP-nahe Arbeitgebervertreter gestärkt. Sie haben wenig verloren und viel gewonnen.

Oder die Indexierung der Familienbeihilfe bei EU-Mitbürgern, deren Kinder nicht in Österreich leben. Einschnitte bei dieser Gruppe passten in ein migrationsfreindliches Gesamtkonzept und wurden daher vorgenommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied vor etwas mehr als einem Jahr freilich, dass sie Unionsrecht widersprachen. Das wurde teuer: Im Herbst teilte Raab in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung mit, dass bereits 337 Millionen Euro nachbezahlt werden mussten.

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