Kärntens Impflücken

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BERICHT. Vor Wahl: Im südlichsten Bundesland sind weniger Menschen geimpft als in Niederösterreich.

Bei der Landtagswahl in Tirol war es im vergangenen Herbst kein Thema, das wahrgenommen wurde, sehr wohl aber beim Urnengang in Niederösterreich Ende Jänner: Impfen. Genauer: die Impfpflicht bzw. eine Antwort offenbar sehr vieler Ungeimpfter darauf. Der Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik hat auf folgendes Phänomen nach Gemeinden hingewiesen: Je geringer die Impfquote, desto größer fielen freiheitliche Zugewinne auf der einen und ÖVP-Verluste auf der anderen Seite aus.

Dass sich die Impfpflicht verhängnisvoll ausgewirkt hat und bis heute Einfluss auf das Wahlverhalten haben kann, sieht ganz offensichtlich auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) so. Mit einem „Versöhnungsprozess“ möchte er Impfgegner umwerben und Wähler zurückholen, wie etwa die „Krone“ titelte.

In Niederösterreich verfügen fast 60 Prozent der Menschen über eine Grundimmunisierung, also drei Impfungen. In Kärnten könnte das aufhorchen lassen: Dort wird Anfang März gewählt und dort ist der Anteil mit 53,1 Prozent deutlich kleiner. Allerdings gibt es hier weniger große Unterschiede nach Bezirken: In den Bezirken mit den niedrigsten Anteilen sind diese ähnlich klein wie in Niederösterreich (siehe Grafik).

In Kärnten macht das Thema vor allem der bestimmenden SPÖ von LH Peter Kaiser zu schaffen. Er hatte sich im Februar 2021 beispielsweise dafür ausgesprochen, Geimpfte mit einem gelben Armband auszustatten. Durch das Tragen der Armbänder solle ein Wir-Gefühl vermittelt und signalisiert werden: „Ich bin geimpft! Ich helfe mit, auch dich vor Corona und den bis zum Tod reichenden Folgen zu schützen“. Die Idee stamme von zwei Kärntnern und erinnere an die „Armstrong-Bänder“ für die Krebsforschung. Es hagelte jedoch Proteste, sodass Kaiser den Vorschlag zurücknahm, nicht ohne sich zu entschuldigen.

Wie sehr der Sozialdemokratie derlei nun Stimmen kosten könnte, ist schwer zu sagen. Laut einer aktuellen Umfrage für die „Kleine Zeitung“ hält sie mit 43 Prozent um fast fünf Prozentpunkte weniger als 2018. Ausschlaggebend dafür werden in einer Zeit multipler Krise naturgemäß viele Dinge sein, von der Teuerung bis möglicherweise auch der Endlosdebatte über den SPÖ-Vorsitz in Wien. Genauso werden massive ÖVP-Verluste (von 15,5 auf elf Prozent) auch darauf zurückzuführen sein, dass der Sebastian Kurz-Hype, der vor fünf Jahren herrschte, Geschichte ist.

Umgekehrt zeichnen sich für die FPÖ in Kärnten keine nennenswerten Zugewinne ab; sie stagniert auf hohem Niveau (23 Prozent). Großer Gewinner ist in dieser Umfrage das Team Kärnten, das seinen Stimmenanteil auf 13 Prozent mehr als verdoppeln kann. Auch dafür wird nicht nur Impfen eine Rolle spielen. Obmann Gerhard Köfer, Bürgermeister von Spittal an der Drau, hat sich jedoch immer gegen die Impfpflicht ausgesprochen. Zitat von Mitte Jänner 2022: „Wir waren immer dafür, dass man Menschen empfiehlt, sich impfen zu lassen. Ich selbst bin dreimal geimpft, aber ich würde niemanden zu einer Impfung zwingen. Die Impfpflicht ist ein Zwang und ein Zwang löst immer nur eine Gegenreaktion aus.“

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