Vorsicht, Sonntagsfrage

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ANALYSE. Nur ein Teil der Institute hält sich an Mindeststandards, die Meinungsforscher definiert haben. Und überhaupt.

Seit Ende vergangener Woche sind gleich vier Umfragen veröffentlicht worden, die zeigen sollen, wie die Parteien derzeit liegen. Wobei die Unterschiede durchaus groß sind: Der ÖVP wurden zum Beispiel 32 bis 35 Prozent ausgewiesen, der SPÖ 23 bis 27 und den Freiheitlichen 14 bis 18 Prozent. Davor, hier Mittelwerte zu berechnen, muss jedoch gewarnt werden. Wenn, dann müssten die ausgewiesenen Ergebnisse unterschiedlich gewichtet werden. Grund: Es gibt erhebliche Qualitätsunterschiede.

Der Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute hat vor einigen Jahren Richtlinien für die Sonntagsfrage definiert. Unter anderem sollten mindestens 800 Personen befragt werden, die Stichprobe sollte „ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit“ darstellen, es sollte sich nicht nur um Online-Befragungen handeln, sondern zumindest um einen Mix („Reine Online-Umfragen sind für die Hochschätzung nicht geeignet.“) etc.

Zieht man diese Kriterien heran, weicht etwa „Reseach Affairs“, das die Erhebungen für die Tageszeitung Österreich durchführt, ab; und zwar stark. Auf der Website des Instituts wird zu den Sonntagsfragen jedenfalls eine Stichgruppengröße von 500 angegeben und als Methode ausschließlich eine „Onlinebefragung“. Das „Institut für Demoskopie und Datenanalyse“ hat für PULS 24 laut Sender wiederum 803 Interviews durchgeführt, aber „Online-Interviews“. Andererseits wird hier angegeben, dass sich 586 Befragte deklariert haben; das sind knapp drei Viertel.

Für den „Standard“ hat das market-Institut 841 Wahlberechtigte befragt – online, „ergänzt mit CAPI-Samplepoints“. CAPI steht für „Computer Assisted Personal Interview“. 800 Befragte sowie telefonische und Online-Befragungen gibt das Nachrichtenmagazin „profil“ für die Erhebung an, die „Unique research“ durchgeführt hat. Das sind zwei Kriterien, die den erwähnten Richtlinien entsprechen.

Allein: Die Sonntagsfrage ist derzeit wohl nur sehr eingeschränkt ein geeignetes Instrument, um die politische Stimmungslage zum Ausdruck zu bringen. Am ehesten bleibt lediglich die wenig überraschende Botschaft, dass ÖVP und Grüne im Moment unter sowie SPÖ und NEOS über ihrem Nationalratswahlergebnis 2019 liegen; und dass sich die FPÖ in diesem Bereich befindet. Offen bleibt jedoch, wie gefestigt die Präferenzen sind: Bei weitem nicht alle Menschen beschäftigen sich ständig wie eingehend mit der Frage, wen sie jetzt wählen würden.

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