ÖVP stärkt Grüne und Neos

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ANALYSE. Die beiden Kleinparteien können zuversichtlich in die Wien-Wahl geben: Türkis steht so weit rechts, dass es Bürgerliche zu ihnen ziehen wird. Siehe Nationalratswahl 2019.

Nach Deutschland hat jetzt auch Italien erklärt, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Viele, die meinen, dass Österreich das ebenfalls tun sollte, werden die Weigerung der ÖVP unter diesem Umständen wohl noch beschämender finden: Ausgerechnet das Land im Süden, das laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in seinem System kaputt ist; das ebenfalls schon so viele Menschen aufgenommen hat; und das so brutal von der Coronakrise betroffen ist, hilft.

Natürlich: Der neuen ÖVP von Kurz kann das egal sein. Wie bei den vergangenen Nationalratswahlen will sie weder sogenannte „Gutmenschen“ noch Bürgerliche im Allgemeinen und Christlich-Soziale im Besonderen ansprechen. Ihre Zielgruppe sind eher Leute, die persönlich zwar wenig bis gar keine Kontakte zu Fremden haben, die aber pessimistisch sind und finden, dass insbesondere die unbekannten Fremden an allem Unglück schuld seien. Einst hat sich nur die FPÖ angeboten für sie. Zuletzt ist die ÖVP als attraktivere Option dazugekommen. In Migrations- und zunehmend auch Europafragen gibt es kaum noch Unterschiede zwischen den beiden, die ÖVP hat mit Sebastian Kurz aber erstens den Kanzler und zweitens den Mann an der Spitze, der die Probleme besser auf den gefühlten Punkt bringen kann.

Für die ÖVP wird das einen ordentlichen Zugewinn bei der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober ergeben. Netto, wie man hinzufügen muss. Sie wird nämlich einen Preis dafür bezahlen – und auch Stimmen abgeben.

Womit ein kleiner Einschub fällig wird: Es gibt noch immer Leute, die sich wundern, dass die christlich-soziale Volkspartei einen solchen Kurs gegenüber Flüchtlingen fahren kann. Ex-Raiffeisen-Boss Christian Konrad zählt zu ihnen. Er ortet in ihren Reihen weiterhin Funktionäre, die vernünftig in seinem Sinne sind und sich unter Kurz nur nicht trauen, das laut zu sagen.

Diese Darstellung verkennt jedoch Entscheidendes: Die neue ÖVP ist nicht christlich-sozial, sondern hemmungslos populistisch. Da und dort mag es noch Vertreter der alten Schule geben, die ihre Überzeugungen z.B. auf kommunaler Ebene leben. Schon die Landeshauptmänner bzw. die Landeshauptfrau (Johanna Mikl-Leitner) haben das jedoch aufgegeben. Oder haben sie sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria auch nur zwischen den Zeilen ausgesprochen? Eben.

Umso mehr vollzieht sich eine gewisse Abwanderung. Sehr eindrucksvoll kann man sie anhand der Nationalratswahlergebnisse 2019 in Wiener Bezirken erkennen, die als ausgesprochen „bürgerlich“ gelten. In Neubau, der Josefstadt oder Währing hat es die ÖVP vor einem Jahr geschafft, Stimmenanteile zu verlieren. Das muss man sich einmal vorstellen: Österreichweit hat sie ja groß abgeräumt.

These: Das war eine Folge des Rechtsrucks. Gewonnen haben denn auch nicht Freiheitliche (sie haben sich in diesen Bezirken vielmehr im Bundestrend entwickelt), sondern Grüne und Neos. Was sie nun eben auch im Hinblick auf die Gemeinderatswahl hoffen lassen kann. Außer einer möglichen Ernüchterung in der Anhängerschaft der Grünen über die Regierungsbeteiligung und das Unvermögen, hier groß Einfluss auf die türkise Flüchtlingspolitik zu nehmen, spricht nichts dagegen, dass sich das am 11. Oktober wiederholt.

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