Kontrollverlust in Oberösterreich

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BERICHT. Das Ergebnis der Landtagswahl am 26. September ist schwer abschätzbar. Das hat bei weitem nicht nur mit unterschiedlichen Umfragewerten zu tun.

Die ÖVP wird bei der oberösterreichischen Landtagswahl am 26. September zwar stärkste Partei bleiben und sie könnte auch zulegen; an ihren Stimmenanteil vom vorletzten Urnengang (46,8 Prozent) wird sie aber kaum herankommen. Die FPÖ wird verlieren und möglicherweise Zweite bleiben vor der SPÖ, die ihr mageres Ergebnis vom letzten Mal (18,4) eher nur halten könnte. Wobei: Was weiß man?

Ein Blick auf die Umfragen, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht worden sind, bringt nur eine sehr, sehr grobe Orientierung: Der ÖVP werden 36 bis 40 Prozent ausgewiesen, der FPÖ 19 bis 25 Prozent und der SPÖ 17 bis 20 Prozent. Grüne folgen bei elf bis 13 und Neos bei vier bis fünf Prozent.

Ein Blick auf einzelne Umfragen gemahnt zudem zu erhöhter Vorsicht: Das Meinungsforschungsinstitut Research Affairs, das etwa der ÖVP 40 Prozent ausweist, hat im Auftrag der Tageszeitung „Österreich“ gerade einmal 400 Leute befragt. IFES war für die Sozialdemokraten im Feld, wie man so sagt, erfüllte eigenen Angaben zufolge Mindeststandards und befragte 838 Leute, machte aber einen wichtigen Hinweis zu den Schwankungsbreiten. Bei der ÖVP beträgt sie plus, minus vier Prozentpunkte. Die Partei könnte demnach 35 bis 43 Prozent halten (ausgewiesen werden 39).

Mit Überraschungen am Wahlabend ist zu rechnen. Abgesehen davon, dass es sich bei den Umfragen allenfalls um Momentaufnahmen handelt (und keine Prognosen), hat das vor allem auch damit zu tun: Parteien haben die Wählerschaft genauso wenig unter Kontrolle wie die Themenlage. Das ergibt eine toxische Gemengelage für sie: Es ist verdammt schwer, wirkungsvolle Botschaften auszusenden.

Treue Stammwähler sind zunehmend Geschichte. Bei der Landtagswahl 2015 sind ÖVP und SPÖ laut SORA-Analyse etwa ein Drittel ihrer Wähler des Jahres 2009 davongelaufen. Insbesondere zu den Freiheitlichen. Gerade weil die Freiheitlichen in Oberösterreich in keine ganz so große Krise gestolpert sind wie anderswo, kommen diese Leute nicht so mir nichts, dir nichts zurück.

Noch verhängnisvoller ist die Themenlage: Vor dem Sommer wurden eher Wohlfühlwahlkämpfe oder Kampagnen mit vermeintlich bewährten Inhalten programmiert. Über allem stand die Hoffnung auf eine „Rückkehr zur Normalität“. Jetzt ist aber gerade auch in Oberösterreich Corona wieder voll da – mit relativ vielen Hospitalisierungen und der niedrigsten Impfrate bundesweit.

Das hat auch ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer, der versucht, Souveränität und Hausverstand zu verkörpern, sichtlich aus dem Konzept gebracht: Im August forderte er kostenpflichtige Corona-Tests, zuletzt wollte er lieber wieder bei den Gratisangeboten bleiben. Begründung: Es gelte, die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit zu setzen.

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