Die SPÖ braucht einen Kaiser

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ANALYSE. Der Kärntner Landeshauptmann steht für ein politisches Angebot, das der Partei bundesweit guttun würde.

„Bis 1989 hatte die SPÖ die Absolute. Dann kam die Landtagswahl, die FPÖ wurde zweitstärkste Partei und Jörg Haider Landeshauptmann“, schildert der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Furche“ seine Sicht der Geschichte: „Wir haben uns dann über 20 Jahre selbst zerfleischt. Das dauerte so lange, bis es eine andere Partei zerrissen hat – nicht wir sind also hinaufgewählt worden. Deswegen ist es auch ein Irrtum, wenn man mich als Star darzustellen versucht.“

Der Mann übertreibt es mit der Bescheidenheit: Es ist nicht nur so, dass sich Freiheitliche selbst erledigt haben, es gehört auch dazu, dass die SPÖ im richtigen Augenblick mit ihm bereitgestanden ist, die Führung zu übernehmen. Sonst wäre sie nicht dazu gekommen.

Aber Kaiser hat eben keine Allüren. Er ist weniger durch erkennbare Eitelkeiten geprägt als andere Politiker und steht sich so nicht so sehr selbst im Weg. Auffallend ist, dass einer wie er, der gerne als Intellektueller und Linker beschrieben wird, in einem alles in allem ländlichen Bundesland erfolgreich werden konnte. Aber das hat wohl auch damit zu tun, dass er sich persönlich zurückhält, pragmatisch agiert und mit einem wie dem Burgenländer Hans Peter Doskozil ein „Migrationspapier“ erstellen kann, in dem etwa Asyl-„Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen“ sowie eine bessere Kontrolle der europäischen Außengrenzen gefordert wird.

Und vielleicht gehört auch dies dazu: Nach lärmigen Jörg Haider-Jahren gab es in Kärnten eine Sehnsucht nach Ruhe; nach einem Landeshauptmann, der ein bisschen ist wie ein Bankmitarbeiter, dem man seine Sparguthaben anvertraut.

In jedem Fall hat er etwas geschafft, was in der Sozialdemokratie noch kaum jemandem gelungen ist: Er hat Wählermassen dazu gebracht, von den Freiheitlichen zu ihr zurückzukehren. Der Abschied fiel ihnen, wie von Kaiser im „Furche“-Interview angesprochen, leicht. Aber sie hätten ja auch woanders hingehen oder zu Hause bleiben können. 2013 hat er laut SORA-Analyse von damals für die SPÖ immerhin ein Viertel der ehemaligen FPÖ- bzw. BZÖ-Wähler gewonnen.

Das ist vergleichbar mit dem, was Sebastian Kurz bei der Nationalratswahl 2019 geschafft hat. Aber mit ganz anderen Methoden und dem bekannten Ergebnis. Damals hatte es die FPÖ zerrissen und die SPÖ hatte nichts davon. Zuletzt zerriss es die ÖVP und die SPÖ scheint fast nichts davon zu haben.

Es muss nicht Kaiser sein, aber einer wie er könnte der Partei helfen. Als einer, der Mitte-Rechts-Wähler so gut ansprechen kann, dass sie ihn unterstützen. Und als einer, der vor allem auch in den Städten ankommt.

Gerade hier, wo eine potenzielle Klientel für die SPÖ am ehesten zu Hause ist, hat sie zuletzt bei der Nationalratswahl, aber vor allem auch bei den jüngsten Landtagswahlen in Tirol und in Niederösterreich stärker verloren; ob in Innsbruck (minus 3,9 Prozentpunkte), in St. Pölten (minus 8,9) oder in Wiener Neustadt (minus sieben).

In Kärnten dagegen hat sie in den wachsenden Ballungsräumen Klagenfurt und Villach bei der Landtagswahl vor fünf Jahren 50 Prozent und mehr erreicht.

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