Nehammers Bauchfleck

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BERICHT. Bargeld in die (nationale) Verfassung? Unmöglich, aber auch nicht nötig, wie der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages jetzt feststellt.

Im vergangenen Sommer hat sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Populismus geübt und einfach behauptet, es sei immer wieder zu hören, Bargeld solle abgeschafft werden. Er aber sage: „Das wird es in Österreich nicht spielen.“ Er wolle dafür sorgen, „dass Bargeld als Zahlungsmittel verfassungsrechtlich abgesichert wird“.

Man erinnert sich kaum noch daran. Bisher ist in der Sache nichts weitergegangen. Dabei hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) angeblich sogar eine sogenannte Taskforce zum Thema eingerichtet. Aber auch um diese ist es ruhig geworden. Kein Wunder.

Es handelt sich um das, was der Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, mit anderen Worten von vornherein gesagt hat, dafür aber Kritik erntete, weil es deutlich machte, was es ist: Eine zweifelhafte Geschichte.

Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages hat gerade eine Auseinandersetzung zur Frage veröffentlicht, ob es den Mitgliedstaaten der Eurozone freisteht, ein „Recht auf Bargeld“ in der nationalen Verfassung zu verankern. Es wirkt, als wäre der Auftrag dazu aus der Alpenrepublik gekommen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Ergebnis: „Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der Zuständigkeitsverteilung zwischen EU und Eurostaaten in Bezug auf Bargeld festhalten, dass die EU über die ausschließliche Zuständigkeit verfügt, die rechtliche Ausgestaltung des Status des Euro-Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel zu präzisieren, soweit sich dies für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung als erforderlich erweist.

Unabhängig davon, ob die EU diese Zuständigkeiten im Einzelnen ausgeübt hat, haben die Eurostaaten in diesem währungspolitischen Bereich daher keine Kompetenzen mehr.

Sie dürfen nach der Entscheidung des EuGH in den verb. Rs. C-422/19 und C-423/19 insbesondere keine Regelungen erlassen, die in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel determinieren bzw. die rechtlich noch faktisch zu einer Abschaffung dieser Banknoten führen würden.“

Es ist laut Dienst des Bundestages aber nicht so, dass sie gar nichts dürfen. Möglich sei es etwa, „Modalitäten der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Rechts zu treffen, sofern der Grundsatz gewahrt ist, dass eine Geldleistungspflicht in der Regel mit Euro-Bargeld erfüllt werden kann“. Beispiel: Mitgliedsländern dürfen bestimmen, dass Ämter zur Annahme von Barzahlungen verpflichtet sind.

Unabhängig davon erscheinen noch zwei Dinge im Papier des wissenschaftlichen Dienstes erwähnenswert: Auf Unionsebene (ein schönes Wort übrigens, das in Österreich bezeichnenderweise kaum gebräuchlich ist; Anm.) seien „keinerlei Bestrebungen ersichtlich, Euro-Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel und dessen Ausgabe abzuschaffen“. Wie auch? Banknoten seien „primärrechtlich als gesetzliches Zahlungsmittel“ abgesichert. Quasi in Stein gemeißelt. Es stehe der EU jedoch frei, „neben das Bargeld tretende gesetzliche Zahlungsmittel zu definieren (wie den digitalen Euro)“.

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