Wir brauchen Skepsis, gesteht Kurz

ANALYSE. Innenminister Kickl schmeißt bei der sensiblen Sicherungshaft mit Nebelgranaten um sich.

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ANALYSE. Innenminister Kickl schmeißt bei der sensiblen Sicherungshaft mit Nebelgranaten um sich.

„Wir brauchen keine Skepsis“, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor zwei Wochen zur „Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber“ erklärt. Gemeint war damit wohl dies: Bundespräsident Alexander Van der Bellen und mehr noch die Oppositionsparteien sollen einfach zustimmen. Mittlerweile hat aber auch Kurz zugestanden, dass Skepsis sehr wohl nötig ist. Allein schon durch den Hinweis, dass es sich um ein „sensibles Thema“ handle.

Untermauert wird dies dadurch: Seit der Erstankündigung durch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wird regierungsintern über die konkrete Ausgestaltung der Sicherungshaft verhandelt. Und selbst auf dem nunmehrigen Ministerrat gab es nicht viel, was eine seriöse Beurteilung möglich machen würden.

Das politische Zauberwort lautete auch in diesem Fall „Punktation“. Sprich: Man skizziert ungefähr, worauf man hinauswill. „Konkrete Kriterien, unter denen Asylwerber in Sicherungshaft genommen werden könnten, blieben (jedoch) vage“, berichtete ORF.AT. Kickl selbst nannte lediglich ein vielsagendes Beispiel: „Wenn jemand sagt, er will allen Ungläubigen die Köpfe abschneiden, dann reicht das für U-Haft nicht aus.“ Diese Drohung sei zu unkonkret und nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet; dafür müsse die Sicherungshaft eingeführt werden.

Allein das muss die Skepsis erhöhen: Es heißt alles und nichts. 

Allein das muss die Skepsis erhöhen: Es heißt alles und nichts. Und damit unter anderen auch dies: Es genügt eine unkonkrete, um nicht zu sagen allgemeine Aussage, um eingesperrt zu werden. Willkür ist damit Tür und Tor geöffnet.

Die Vorgangsweise ist verräterisch: Hier geht es nicht darum, eine möglicherweise wirklich bestehende Lücke im System zu schließen, sondern darum, nach dem grausamen Vorfall in Dornbirn ein Signal zu setzen. Erstens man handelt, und zweitens man tut dies ganz einfach – ohne präzise Analyse, sachliche Zielorientierung, Definition etc. Bei den Leuten soll ankommen, dass es keine Kompromiss gibt, wenn es um Ordnung und Sicherheit in diesem Land geht. Dann soll der Staat alles dürfen.

Das Perfide daran: Für die Opposition wird es schwierig, unter diesen Umständen die erforderliche Zustimmung zu einer Verfassungsänderung zu verweigern. Zumindest die Sozialdemokratie wird das kaum durchhalten. Zu sehr ist sie durch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und den burgenländischen Hans Peter Doskozil selbst darauf bedacht, entsprechende Signale zu setzen.

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