Koglers Job

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ANALYSE. Bei Postenbestzungen hat der Vizekanzler als Bundesminister für den öffentlichen Dienst eine maßgebliche Rolle. Er sollte sie offensiver nützen.

Die Mitgliedschaft bei der richtigen Partei dürfte keine Voraussetzung dafür sein, in staatlichen Einflussbereichen etwas zu werden. Es ist nur geübte Praxis. In Wirklichkeit würde es sogar Bestimmungen geben, die die Sache recht ordentlich regeln; zumindest auf den ersten Blick. Laut Stellenbesetzungsgesetz hat es bei Leitungsfunktionen in Unternehmen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, beispielsweise eine Ausschreibung zu geben. Darin sind „besonders Kenntnisse und Fähigkeiten“ zu betonen, die für den jeweiligen Job erforderlich sind. Alles schön und gut. Der Haken an der ganzen Sache ist jedoch, dass das recht allgemein gefasst ist, vor allem aber keine Sanktionen vorgesehen sind. Das unterstreicht einen gewissen Unernst, der damit verbunden ist und der wohl auch beabsichtigt ist. Besagtes „Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich“ stammt aus dem Jahr 1998.

Zuletzt sorgten die Bestellung des „ÖVP-Wahlkämpfers“ (Die Presse) Omar Haijawi-Pirchner zum Chef des Staatsschutzes, des Ulrichsberg-Redners und Ex-ÖVP-Klubobmannes Stephan Tauschutz zum Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Kärnten sowie eines ÖVP-Bürgermeisters zum Vorstand des Finanzamtes Braunau (OÖ) für Aufsehen. In vielen Bereichen kann es also nicht schaden, schwarz-türkis zu sein – oder auch einfach nur der passenden „Familie“ anzugehören.

Das gibt es auch in Rot. Unterschied: Es beschränkt sich auf weniger Bereiche, auf Bundesebene hat die SPÖ nichts zu melden. Aber in Wien. Das macht die Sache nicht besser. Bemerkenswert war im vergangenen Jahr etwa die Bestellung von Raphael Sternfeld zum Bereichsleiter strategische Kommunikation der Stadt. Zuvor war er Mitarbeiter der Partei gewesen. Bürgermeister, Stadtparteichef Michael Ludwig freute sich ausdrücklich.

Jetzt aber zu Vizekanzler Werner Kogler. Der Grünen-Sprecher hat eine Rolle, die viel zu wenig wahrgenommen wird. Er kann Einfluss nehmen. Das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das zumindest für Bundesbedienstete gilt, regelt, wie Planstellen zu besetzen sind. Zitat: „Die Besetzung einer Planstelle und die Antragstellung hiefür bedürfen der vorherigen Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Er hat dabei für eine gleichmäßige Behandlung der Beamten zu sorgen.“ Er ist Kogler.

Politisch wäre das ein Hebel, den der Vizekanzler dafür nützen könnte, weitreichende Konsequenzen aus Postenbesetzungen zu ziehen, denen ein parteipolitischer Geschmack anhaftet, bei denen es also um Machtmissbrauch gehen könnte. Konkret: Ausschreibungen und Bestellungen gehören ans Licht, in der Regel also transparent gemacht, inklusive Kandidaten und ihren Lebensläufen sowie der Begründung für Entscheidungen. Gesetze gehören präzisiert und allfällige Verstöße vor allem auch mit Strafbestimmungen versehen. Wer, wenn nicht Kogler, sollte derartiges fordern, der Bundesminister für den öffentlichen Dienst?

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