Kickl-Gegner? Kickl-Macher

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ANALYSE. Der Versuch der ÖVP, gegen den Freiheitlichen zu mobilisieren, ist zum Scheitern verurteilt. Er richtet sich eher gegen die Partei selbst.

Von der Papierform her könnte die ÖVP von Bundeskanzler Karl Nehammer einiges erreichen mit einer Normalitätsdebatte und der Mobilmachung gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl. Das sollte man nicht unterschätzen. Allein: Sie gibt sich dabei nicht viel Mühe. Bei der Normalität beschränkt sie sich darauf, eine solche zu betonen und sich über all jene zu empören, die das Ganze problematisch finden. Und bei Kickl erinnert sie zum Beispiel ausgerechnet daran, dass dieser versucht habe, das BVT zu zerschlagen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung also. Nachsatz: „Herbert, das ist nicht normal.“

Nicht normal ist eher, dass die ÖVP glaubt, vergessen machen zu können, dass es Kickl im Februar 2018 nicht als Irgendwer geschafft hat, eine Razzia beim BVT zu veranlassen, sondern als Innenminister der Regierung Sebastian Kurz (ÖVP). Und dass das, wie der damalige BVT-Direktor Peter Gridling in einem ZIB-2-Interview in Erinnerung an eine türksie Aussendung betonte, selbstverständlich mit ihr abgestimmt war.

Im Klartext: Ohne ÖVP wäre Kickl nie Innenminister geworden. Und: Sie hat gewusst, was er in seinem Ressort aufführt und hat ihn gewähren lassen. Schlimmer: Als Kickl nach der Ibizia-Affäre gehen musste, war Sebastian Kurz bemüht, im Werben um blaue Wählerinnen und Wähler möglichst nichts zu ändern. Zumindest in der Zuwanderungspolitik. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre es unter anderem beim „Ausreisezentrum“ Traiskirchen geblieben. Im Expertenkabinett, das für wenige Tage bestand, gab es jedoch andere Vorstellungen – also wurde gegen seinen Willen wieder ein Erstaufnahmezentrum daraus. Innenminister Eckart Ratz sorgte dafür.

Heute ist der Versuch der ÖVP, Kickl als untragbares Regierungsmitglied darzustellen, durchschaubar: Der Mann hat noch üblere Persönlichkeitswerte als Nehammer. 70 Prozent misstrauen ihm. Damit lässt sich Stimmung gegen ihn machen: Wenn man die Leute dazu bringt, darüber nachzudenken, ob sie ihn (wieder) in staatstragender Funktion, ja als Kanzler haben möchten, könnten sich nicht wenige von ihm abwenden. Motto: „Das dann doch nicht.“

Aus Sicht der Karl-Nehammer-ÖVP ist das jedoch Theorie. Sie führt türkise Politik fort, bedient Klimaleugner und Zuwanderungsgegner. Sie signalisiert, dass sie mit Kickls Inhalten im Grunde genommen kein Problem hat. Damit hat sie sich ihrer Glaubwürdigkeit selbst beraubt.

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