In der Populismusfalle

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ANALYSE. Die SPÖ macht Stimmung gegen Reiche. Auch gegen bestimmte. Ob das gutgehen kann? Schwer.

„Von 100 Euro Steuereinnahmen sind 80 Euro von unseren Leuten, 20 Euro von den Reichen“, twitterte SPÖ-Chef Andreas Babler vor einigen Wochen. Beziehungsweise: „80% der Staatseinnahmen kommen von Steuern der arbeitenden Menschen. 20% der Steuereinnahmen resultieren aus Gewinnen und Vermögen.“ Schlussfolgerung: Deshalb sei ein gerechtes Steuersystem nötig. Bloß: Schafft es Babler, diesem Ziel mit Aussagen, wie den erwähnten, näherzukommen?

Julia Herr, eine seiner Mitstreiterinnen, empörte sich vor wenigen Tagen auf Twitter (X) über eine „Liebesreise“ von Mark Mateschitz und Victoria Swarovski. Sie nannte die beiden namentlich (ohne Vornamen) und wies auf die Anreise mit dem Privatjet, einen „Limo-Service, dann 40 Meter lange Yacht – alles gut dokumentiert“. Damit hätten sie wahrscheinlich mehr CO2-Ausstoß verursacht als andere im ganzen Jahr. Wobei es Herr letzten Endes wichtig war, dies als Beleg dafür darzustellen, dass der Klimaschutz eine soziale Frage und eine „Millionärssteuer“ notwendig sei.

These: Dieser Spin ist gefährlich. Die Tatsache, dass Rechtspopulisten keinen Grund haben, sich daran zu stoßen, scheuen sie doch nicht davor zurück, tagtäglich Zuwanderer als Sozialschmarotzer und Arbeitslose als Faulenzer darzustellen, also gezielt gegen bestimmte Gruppen der Gesellschaft zu mobilisieren, macht die Sache nicht besser.

Es geht um den Anspruch, dem Politik gerecht werden sollte. Babler und Herr spielen mit Emotionen in Teilen der Bevölkerung. In ihrem Fall geht es nicht gegen diejenigen, die ganz unten, sondern diejenigen, die ganz oben sind im sozialen Gefüge.

Man sollte nicht darüber diskutieren, ob diese Leute mehr oder weniger geschützt werden müssen oder ob sie es sich eh richten können. Das würde erstens bedeuten, dieser Politik auf den Leim zu gehen und ist zweitens ohnehin eine Themenverfehlung.

Niemand in der Gesellschaft hat es verdient, dass aus sozialen Gründen gegen ihn mobilisiert wird. So springt man mit Bürgerinnen und Bürgern nicht um. Abgesehen davon: Sind Millionäre oder auch Milliardäre verantwortlich für das bestehende Steuersystem? Nein, es sind die Parteien, die in den vergangenen Jahrzehnten regiert haben.

Was die SPÖ jetzt nicht daran hindern würde, ein Steuersystem zu propagieren, das aus ihrer Sicht besser ist. Im Gegenteil. Relevant ist jedoch, dass sie eine Masse dafür überzeugt, weil sie erklären kann, warum es unterm Strich gut für alle sei.

Entscheidend ist, worum es bei einer solchen Steuersystemreform gehen soll: Darum, dass Mark Mateschitz und Victoria Swarovski persönlich ein weniger luxuriöses Leben führen können? Dass sie, nämlich genau sie, weil es ihnen besser geht als vielen, ordentlich brennen – im Sinne von zahlen – sollen? Diese Botschaft schwingt mit.

Kommt diese Botschaft bei einer Masse an, gibt’s möglicherweise Anfeindungen für das Paar und einen Wahlerfolg für die SPÖ. Aber allein dafür. Und nicht für eine Politik, die am Gemeinwohl interessiert ist. Es wäre eine klassische Populismusfalle, also eine Politik, die eher früher als später scheitert, wenn sie in der Verantwortung ist.

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