Einseitige Integrationsministerin

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ZAHLEN ZUM TAG. Susanne Raab „vergisst“, neben all den Herausforderungen darauf hinzuweisen, wie viele Zugewanderte über einen Hochschulabschluss verfügen. Das lässt tief blicken.

Man stelle sich vor, der Finanzminister beklagt sich die ganze Zeit ausschließlich über steigende Schulden. Es würde zwei Schlussfolgerungen zulassen: Der Mann gesteht ein, gescheitert zu sein; oder er möchte Stimmung (für ein Sparpaket) machen.

Im Falle von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) muss man sich nichts vorstellen: Nicht nur, dass sie sich als Vertreterin der Partei, die seit Jahrzehnten mehr oder weniger ununterbrochen für Zuwanderung zuständig ist, über eine „falsche Form“ der Zuwanderung beklagt. Bei der Präsentation des jüngsten Integrationsberichts hob sie auch einen niedrigen Bildungstand von Zuwanderten hervor.

Im Vorwort zu diesem Bericht beschränkte sie sich sogar darauf, von einem sinkenden Bildungsniveau Zugewanderter zu berichten: „Rund 70 % derer, die 2022 eine Statuszuerkennung erhielten, haben Alphabetisierungsbedarf, dies stellt einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Anteil von vor wenigen Jahren dar.“

Schlussfolgerung: Susanne Raab macht Stimmung gegen Zuwanderung. Wenn es ihr um die Sache gehen würde, würde sie eine differenzierte Darstellung wählen. Sie würde die Herausforderungen konkret benennen: Man muss sehen, dass im vergangenen Jahr zum Beispiel wieder sehr viele (junge) Menschen aus Syrien und Afghanistan nach Österreich gekommen sind, die nichts anderes als Krieg und ein allenfalls nur eingeschränkt funktionierendes Bildungswesen kennen; oder die (in Afghanistan) als Frauen wieder von Universitäten ausgeschlossen werden.

Man sollte im Übrigen aber nicht übersehen, was im Integrationsbericht im Kleingedruckten (nach dem Vorwort von Raab) ebenfalls steht. Zum Beispiel: „Der Bildungsgrad der Bevölkerung mit Migrationshintergrund hat sich im längerfristigen Vergleich deutlich verbessert.“

Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in der Regel Zuwanderung aus europäischen Staaten überwiegt. Und dass zum Beispiel fast die Hälfte der 25- bis 64-Jährigen, die ihre Wurzeln in einem „alten“ EU-Mitgliedsland (wie Deutschland, Italien oder Frankreich) haben, über einen Hochschulabschluss verfügen.

Schaut man sich den Akademikeranteil unter österreichischen und nicht-österreichischen Staatsangehörigen im Erwerbsfähigenalter (bzw. der 25- bis 64-Jährigeh) an, ist das Ergebnis, das die Statistik-Austria-Datenbank ausspuckt, folgendermaßen: Bundesweit beträgt er bei österreichischen Staatsangehörigen 20 und bei nicht-österreichischen 19 Prozent. Er ist damit sehr ähnlich.

Die Unterschiede nach Bundesländern sind freilich groß. In Wien beträgt er bei österreichischen gut ein Drittel und bei nicht-österreichischen Staatsangehörigen knapp ein Viertel; in Tirol ist er bei nicht-österreichischen mit 20 Prozent wiederum etwas höher als bei österreichischen (18 Prozent).

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