#Fluechtlinge Von einer Rechtlosigkeit zur nächsten

ANALYSE. Nicht nur Syrer, Afghanen und Iraker können einen Grund haben, ihre Heimat zu verlassen und anderswo Schutz zu suchen. Sie pauschal als „Wirtschaftsflüchtlinge“ abzutun, ist daher verwerflich. 

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ANALYSE. Nicht nur Syrer, Afghanen und Iraker können einen Grund haben, ihre Heimat zu verlassen und anderswo Schutz zu suchen. Sie pauschal als „Wirtschaftsflüchtlinge“ abzutun, ist daher verwerflich.

Seit dem Frühjahr steht Österreich an der Grenze seiner Belastungsfähigkeit. Zumindest die Politik vermittelt diesen Eindruck: Zunächst ließ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Zelte errichten, dann folgte die leidige Zaundebatte – und jetzt sollen auf Wunsch des steirischen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer (ÖVP) nur noch Syrer, Iraker und Afghanen ins Land gelassen bzw. alle anderen als „Wirtschaftsflüchtlinge“ abgewiesen werden. Damit würde eine Rechtlosigkeit auf die nächste folgen.

Zuletzt wurde de facto jeder, der über die Grenze kam, durchgewunken, zumal die meisten ohnehin nach Deutschland weiterreisten. Zu rechtfertigen ist das nur aufgrund des großen Andrangs und der damit verbundenen Ausnahmesituation. Auf Dauer muss der Staat jedoch ordentliche Asylverfahren gewährleisten. Und das bedeutet, dass bei jedem, der sich als Flüchtling ausgibt, überprüft werden muss, ob er wirklich schutzbedürftig ist.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nicht eine pauschale Zweiteilung vorgenommen werden kann – in Menschen, die aus Syrien, Irak oder Afghanistan kommen und daher als „Kriegsflüchtlinge“ aufgenommen werden und in Frauen, Männer und Kinder aus anderen Länder, die von vornherein als „Wirtschaftsflüchtlinge“ einstuft werden. Das gilt auch dann, wenn es die Umstände in beiden Fällen naheliegend erscheinen lassen.

2013 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) gewährte Österreich Menschen aus 58 Staaten Asyl.

Die Rechtsprechung macht deutlich, dass es dutzende Staaten gibt, in denen Zustände herrschen, die zur Flucht zwingen können: 2013 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) gewährte Österreich Menschen aus 58 Staaten Asyl. Wobei es sich in 673 Fällen allein um Russen handelte. Und 520 Iraner. Und 35 Türken.

Dass es für Türkinnen und Türken Fluchtgründe geben kann, lässt der Amnesty-Report 2015 erkennen. Zitat: „Nach den Gezi-Park-Protesten im Jahr 2013 (…) begannen die Behörden mit zunehmend autoritären Methoden gegen Kritiker vorzugehen. Sie beschnitten die Unabhängigkeit der Justiz, verschärften die Kontrolle des Internets und statteten den Geheimdienst mit neuen weitreichenden Befugnissen aus. Die Rechte friedlicher Demonstrierender wurden verletzt, und Polizisten, die mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vorgingen, mussten nicht mit Bestrafung rechnen. Gerichtsprozesse erfüllten weiterhin nicht die internationalen Standards. (…) Die Behörden missachteten die Rechte von Kriegsdienstverweigerern sowie von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen.“

Und auch Serbien ist nicht nur Transitland für Tausende Flüchtlinge; es kann auch ein Fluchtland für eigene Staatsbürger sein: „Die Regierung verstärkte 2014 die Kontrolle über die Medien. Kritische Kommentare zur Reaktion der Regierung auf die Überschwemmungen im Mai 2014 wurden von den Internetseiten der Regierung entfernt, und Kritiker wurden von der Polizei zu „Informationsgesprächen“ vorgeladen“, so Amnesty: „Drohungen und Angriffe auf die Gay Straight Alliance und andere Organisationen und Einzelpersonen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen einsetzten, wurden nicht gründlich untersucht. Hass wurde nur selten als Tatmotiv anerkannt, und von der Möglichkeit, Hass als Motiv strafverschärfend zu werten, wurde kaum Gebrauch gemacht (…)“

2013 gewährte Österreich 15 Serbinnen und Serben Asyl.

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