BERICHT. Neben Gewessler wird immer wieder auch Rohstoffministerin Köstinger genannt. Die Verwirrung ist nachvollziehbar, gefordert sind beide und letztlich vor allem auch der Kanzler.
Der Text dazu, dass sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) warm anziehen sollte, weil Folgen allfälliger Erdgasengpässe allein ihr umgehängt werden könnten vom Koalitionspartner, hat zu ziemlich vielen Reaktionen geführt. Immerhin sei ja die ÖVP-Politikerin Elisabeth Köstinger „Rohstoffministerin“, hieß es. Das ist korrekt, aber kein Widerspruch.
Bei den Regierungsverhandlungen hatten ÖVP und Grüne vor bald zweieinhalb Jahren zunächst beabsichtigt, das Bergbauwesen inklusive Öl- und Gasbewirtschaftung dem grünen Klimaschutzministerium, also Gewessler, zuzuschlagen. Letzten Ende kam es jedoch dazu: Bergbau wanderte ins schwarze Landwirtschaftsministerium, „Lenkungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen hinsichtlich Kohle, Erdöl und Erdgas“ gingen an Gewessler, wie auch dem geltenden Bundesministeriengesetz zu entnehmen ist.
Der Bezeichnung „Rohstoffministerin“ hat das Kanzleramt in einer Aussendung verwendet, als es vor wenigen Wochen berichtete, Köstinger sei mit Karl Nehammer (ÖVP) und „Energieministerin Leonore Gewessler“ in Abu Dhabi und Doha gewesen, um Gespräche über Wasserstoff- und Flüssiggaslieferungen zu führen bzw. mittel- bis langfristig die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.
In Wirklichkeit ist es eher so, dass die Landwirtschaftsministerin für Rohstoffe exklusive Kohle, Erdöl und Erdgas verantwortlich ist. Was einerseits bedeutet, dass sich ausgerechnet die Klimaschutzministerin um die fossilen Energieträger kümmern muss (ursprünglich wohl „nur“ mit dem Ziel, auszusteigen), andererseits aber, dass sich die beiden Ministerinnen für eine gesamthafte Versorgung Österreichs zusammentun müssen. Ob es ihnen gefällt oder nicht.
Zurück zum Bundesministeriengesetz: Es verweist auch auf eine gesamthafte Verantwortung des Bundeskanzlers. Sie wird gerne vergessen gemacht oder allenfalls nur selektiv wahrgenommen. Dem Kanzler obliegt ausdrücklich die „anlassbezogene Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krise oder Katastrophen“. Sebastian Kurz hat sich je nach Wetterlage um Corona-Fragen gekümmert, aber nicht durchgehend, wie es eben seine Aufgabe gewesen wäre.
Jetzt ist Karl Nehammer mit Gewessler und Köstinger gefordert, wenn es um Energie geht. Zumindest durch die gemeinsame Reise nach Abu Dhabi und Doha ist das zum Ausdruck gekommen. Weitere Bewährungsproben dürften warten.
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