Zum „Sicherheitsrisiko“ gehören zwei

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ANALYSE. Die ÖVP macht es sich beim Umgang der FPÖ mit Russland zu einfach. Sie hat selbst ganz Wesentliches mitzuverantworten.

Der jüngste „Falter“-Bericht darüber, wie Russland österreichische Parteien unterwandert, ist von der Dimension her zumindest ein Stück „Ibiza“. Eher sogar viel mehr: Bei „Ibiza“ hat Heinz-Christian Strache (FPÖ) signalisiert, was er alles tun würde, wenn sich mit Hilfe der vermeintlichen russischen Oligarchin die Gelegenheit dazu ergibt. Bei der Unterwanderung der österreichischen Politik geht es darum, dass diese durch ein Land erfolgt, das sich im Krieg befindet und die Welt destabilisiert. Das ist von der Tragweite her unvergleichlich.

Man muss davon ausgehen, dass Wladimir Putin in den Freiheitlichen als Regierungsvertreter 2018/2019 nützliche Idioten gefunden haben könnte, die ihm geholfen haben, tief in den Sicherheitsapprat Österreichs, also eines westlichen Landes, einzudringen. Das ist ein Verdacht, der im Raum steht und dringend aufgeklärt gehört; und zwar auch politisch.

Die ÖVP bietet sich nur auf den ersten Blick dafür an. Eher als Partiepolitiker denn als Außenminister hat Alexander Schallenberg (ÖVP) die FPÖ in der „Pressestunde“ als „Sicherheitsrisiko“ dargestellt und geätzt, er habe manchmal das Gefühl, FPÖ stehe für „Freunde Putins in Österreich“.

Sehr lustig. Das hätte der Mann nicht tun sollen. Er nimmt dem Ganzen den Ernst und zeigt, dass es hier nur um Wahlkampf geht: Die ÖVP will auf Patz zwei und der FPÖ nahekommen. Beides ist ausschließlich möglich, wenn sie ein paar Zehntausend Ex-FPÖ-Wähler hält, die ihr Sebastian Kurz einst beschert hat. Also „warnt“ sie vor der FPÖ und stellt sie eben als „Sicherheitsrisiko“ dar.

In Wirklichkeit spielt sie selbst ebenfalls eine entscheidende Rolle: Seit sich Putin die Krim unter den Nagel gerissen hat bzw. bis zum Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine hat sie in ihrem unmittelbaren Einflussbereich auf Regierungsebene keine markanten Veränderungen im Umgang mit Russland vorgenommen. Im Gegenteil, als Kanzler ist Sebastian Kurz bei der Unterzeichnung langfristiger Gaslieferverträge mit Gazprom gerne dabei gewesen. Aus diesen Verträgen mag man nach wie vor nicht herausfinden.

Wichtiger: Die ÖVP von Kurz hat der FPÖ Ende 2017 ohne jede Not für eineinhalb Jahre das Innen- und das Verteidigungsministerium und damit auch alle Nachrichtendienste überlassen. Einer FPÖ wohlgemerkt, die davor stolz verkündet hat, einen Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei fixiert zu haben.

Und da meint Alexander Schallenberg, die ÖVP aus der Affäre ziehen zu können, indem er eingesteht, man sei gegenüber Russland lange Zeit „naiv und etwas blauäugig“ gewesen? Das ist verharmlosend. Die ÖVP hat die FPÖ Fenster und Türen für Putin aufreißen lassen.

Gerne hat man sie verteidigt, gerne hat man mitgenacht, wenn sich etwas ergeben hat. Genauer: Die FPÖ bzw. Herbert Kickl als Innenminister hat das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Terrorismusbekämpfung (BVT) zerschlagen. Heute hält ihm die ÖVP das gerne vor. Damals verlautbarte ihr seinerzeitiger Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung: „Das Vorgehen von Innenminister Herbert Kickl war selbstverständlich mit der neuen Volkspartei abgestimmt und akkordiert. Die Volkspartei übt daher hier keine Kritik am Innenminister.“

Zur Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl wiederum ist nicht nur Putin gekommen. Auch Kurz war dabei und nützte, wie der „Kurier“ damals prominent vermeldete, die Gelegenheit, mit diesem ein Stück in dessen Limousine mitzufahren, um „Geheimgespräche“ zu führen. Es wirkte, als würde diese Info der „Message Control“-Abteilung des einstigen Kanzlers gefallen. Aber das lässt sich heute nicht mehr so genau nachvollziehen – und ist im Grunde genommen egal.

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