Worauf will die SPÖ hinaus?

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ANALYSE. Zum Parteitag: Rendi-Wagner und Co. verzetteln sich bei Themensetzungen. Es bleibt unklar, wen sie wirklich ansprechen wollen.

Sagen wir, die SPÖ habe mit ihrem Vorstoß, Zugewanderten schon nach sechs Jahren die Möglichkeit zu geben, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen, ein bemerkenswertes Signal setzen wollen; und zwar gerade auch im Hinblick auf ihren Bundesparteitag am 26. Juni: Sie will Offenheit und Integrationsfreundlichkeit demonstrieren; oder eine gewisse Modernität. Gerade wenn dem so sein sollte, ist jedoch bemerkenswert, wie sehr der Vorstoß nach wenigen Tagen fast schon wieder vergessen ist. Es gibt keine große Kampagne, er ist nicht eingebettet in ein größeres Ganzes, wird in keiner Bundesländertour von Pamela Rendi-Wagner und Genossinnen und Genossen näher ausgeführt und erklärt. Das ist seltsam: Laut einer „profil“-Umfrage hält sich selbst unter SPÖ-Wählerinnen und Wählern die Begeisterung in Grenzen, spricht sich mehr als ein Drittel dagegen aus. Soll heißen: Mobilisierend für die eigenen Reihen war das nicht. Außerdem: Wenn nichts nachkommt, wird man damit auch kaum Grünen- sowie Neos-Anhängerinnen und Anhänger begeistern, die das ansprechen könnte.

Und überhaupt: Ist das jetzt „das“ Thema? Türkise Regierungsmitglieder sind in Korruptionsaffären verstrickt, stürzen in allen Umfragen ab. Es ist nicht so, dass die SPÖ nicht davon profitieren würde, das abgerundete Angebot, das zu den Themen der Zeit passen könnte, sucht man jedoch vergeblich.

Bei der Nationalratswahl 2017 hat die Partei unter Christian Kern Mitte-Links- bzw. laut SORA-Analyse rund 160.000 Grünen-Wählerinnen und Wähler gewonnen. Das war wohl einmalig und hat trotzdem nicht gereicht. 2019 hat die Partei unter Pamela Rendi-Wagner mehr Wählerinnen und Wähler an die Grünen zurückverloren und keine Ex-Blauen- und -Türkisen gewonnen. Das führte zu ihrer Niederlage.

In den vergangenen Monaten hat die SPÖ-Vorsitzende versucht, ihre Expertise als Medizinerin bei der Bekämpfung der Pandemie einzubringen. Vor allem durch Rufe nach Beschränkungen, die zwar unpopulär, ihres Erachtens aber notwendig waren. Das war ehrenhaft und zeugte von staatspolitischer Verantwortung. Politisches Programm, für das man gewählt wird, ist das jedoch keines. Es sei denn, neben türkiser Dauerinszenierung inkl. Message Control und Übertreibungen gibt es eine wachsende Sehnsucht nach dem glatten Gegenteil; das kann nicht ausgeschlossen werden.

Auffallend ist, dass die SPÖ bei ihrer Vorsommerkampagne „Sozial. Demokratisch. Gerade jetzt.“ auf sehr vieles eingeht. „Ehrlichkeit“ in der Politik, „gegen die Attacken der türkisen Regierung“, vor allem aber auch Wirtschaftshilfen und Beschäftigungsprogramme. Zu behaupten, man sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht, wäre vielleicht zu böse. Die Frage ist eher, was „die“ Geschichte sein soll.

Offenbar ist man insbesondere von einer anhaltenden, schweren Wirtschaftskrise ausgegangen. Sie ist in zu vielen Bereichen wohl noch lange Wirklichkeit. Mehr und mehr wird aber auch deutlich, dass in Österreich, Europa und stärker noch in China und den USA ein atemberaubender Aufschwung im Gange ist. Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO sieht Hinweise auf den Beginn einer Hochkonjunkturphase. Was wiederum auf eine etwas andere Geschichte hinauslaufen würde, nämlich auf eine zuversichtlichere, bei der es vor allem auch um Chancen nützen und Zukunft gestalten gehen könnte.

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