ANALYSE. Klar, jetzt sollte es nicht um Parteipolitik gehen. Akzente, die gesetzt werden, sind jedoch immer wieder eines: türkis.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) betreiben ausgezeichnete Krisenkommunikation. Ganz Österreich hat die schlimmen Nachrichten, die sie transportiert haben, geschluckt, ohne panisch zu werden; ein großer Teil hält sich daran, zu Hause zu bleiben und nur mit den Liebsten zusammen zu sein.
Zunächst ist die Bekämpfung des Coronavirus natürlich eine überparteiliche Angelegenheit. Es geht darum, die Ausbreitung einzubremsen, damit die Spitäler nicht kollabieren und nicht noch mehr Menschen sterben. Wenn’s konkret wird, kommt dann jedoch sehr wohl Parteipolitik zum Vorschein.
Das erste Hilfspaket ist bereits am 6. März präsentiert worden. Damals gab’s in Ischgl noch Après-Ski. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verkündete Haftungen über 100 Millionen Euro für die Tourismuswirtschaft. Das war einerseits nahlegend, andererseits aber schon auch eigenartig: Die Branche war nicht nur die erste, die es traf, sondern auch diejenige, die die Virenverbreitung am stärksten beförderte. Zunächst unfreiwillig, doch dann bemüht, Gras drüber waschen zu lassen, um es mit den Worten des ÖVP-Nationalratsabgeordneten, Hoteliers und selbsternannten Seilbahnpioniers Franz Hörl zu sagen.
Bei einer anderen Partei hätte ein erstes Hilfspaket wohl sonst jemandem gegolten. Wobei: Bei den Grünen ist das schwer zu sagen. Ihnen mögen Prioritätensetzungen und Praktiken der ÖVP nicht unbedingt gefallen, in Tirol und darüber hinaus behalten sie das jedoch für sich. Selbst beim schwarzen Missmanagement im Paznauntal und den späteren Beteuerungen von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP), dass man alles richtig gemacht habe, gab‘s von ihrer Seite (fast) nichts.
Bundeskanzler Kurz versteht es hervorragend, seine derzeitige Größe über diverse Medien zu vermitteln. Die Message: Er war es, der nach einem Telefonat mit dem Israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wusste, wie ernst COVID-19 ist und dass einschneidende Maßnahmen nötig sind. Sein hochprofessionelles Team checkt das. Und die Grünen? Sie wirken sehr, sehr fleißig mit. Das muss man sagen. Grünen-Sprecher Werner Kogler versteht es vielleicht sogar am besten, freiheitsliebenden Sportlern zu befehlen, allenfalls nur noch eine Runde ums Haus zu drehen.
Die ÖVP gibt die Richtung vor. Zum Beispiel hin zu „Big Data“. Die Grünen, denen Datenschutz einst wichtig war, lehnen sich nicht weiter auf dagegen. Oder: Die ÖVP erteilt Eurobonds zur Rettung Italiens eine Absage, Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer ist nicht erfreut darüber und stellt zwar die Frage nach einer möglichen Alternative, ist aber nicht in der Lage, eine solche zu liefern. Sie weiß nur: „Wir dürfen Italien nicht alleine lassen.“ Die ÖVP legt fest, dass jetzt erst recht keine Flüchtlinge aufgenommen werden, von den Grünen ist nicht einmal mehr ein Bedauern zu vernehmen.
Das ist riskant für die Partei: Gesundheitsminister Anschober leistet herausragendes Krisenmanagement. Am Ende des Tages könnte das unter diesen Umständen aber eher nur ein selbstloser Dienst für Österreich und die Kanzlerpartei gewesen sein. Sie würde dann abräumen.
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