Wie Rote schwarz-blau werden

ANALYSE. Auch Sozialdemokraten erliegen der Anziehungskraft von Sebastian Kurz. Zumal die Partei bis heute kein Angebot entwickelt hat, das dagegen wirken würde.

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ANALYSE. Auch Sozialdemokraten erliegen der Anziehungskraft von Sebastian Kurz. Zumal die Partei bis heute kein Angebot entwickelt hat, das dagegen wirken würde.

Der sozialdemokratische Gewerkschafter Josef Hübner ist der Masse bisher nicht bekannt gewesen. Das hat sich nun geändert, nachdem fast alle Medien über die Briefe berichteten, die er geschrieben hat – eine Protestnote an seinen Genossen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, wegen des Widerstands gegen die Mindestsicherungsreform. Und eine Ermunterung an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ): „Machen Sie weiter so.“

Mag sein, dass SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner diese Wortwahl von Hübner nicht weiter überrascht. Sie sollte sie trotzdem ernst nehmen: Da ist einmal die Tatsache, dass aufgrund der breiten Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wird, für sehr viele die Botschaft übrig bleibt, dass jetzt auch rote Funktionäre mit Schwarz-Blau sympathisieren; dass die Anziehungskraft der Sozialdemokratie gegenüber ihren eigenen Anhängern also weiter nachlässt. Und da ist zum anderen die Tatsache, dass die Partei besonders Kurz viel zu wenig entgegenzusetzen hat. Sonst wäre sie in Umfragen nicht weiter klar auf Platz zwei; und sonst wäre sie nicht schon bei der Nationalratswahl ebendort gelandet.

Wenn Rendi-Wagner nicht aufpasst, ist sie bald nur noch Vorsitzende eines kleinen Rests.

Die SPÖ ist ziemlich heterogen geworden. Und wenn Rendi-Wagner nicht aufpasst, ist sie bald nur noch Vorsitzende eines kleinen Rests: Gewerkschafter lassen sich sowieso nichts vorschreiben. Die Burgenländer haben sich schon 2015 mit der Bildung einer rot-blauen Koalition verselbstständigt. Unter Hans Peter Doskozil verschärft sich das noch eher, wie er mit seinen wohlwollenden Äußerungen zur schwarz-blauen Mindestsicherungsreform signalisierte. Ganz zu schweigen von Wien: Michael Ludwig versucht, sich mit der „Kurz-Masche“ zu behaupten: Eine ordentliche Portion rechtspopulistische Politik, möglichst viele Verbote inklusive, soll den Hauptkonkurrenten FPÖ auf Distanz halten. Und selbst Sozialstadtrat Peter Hacker konnte in einem ZiB 2-Interview zuletzt so verstanden werden, dass Rendi-Wagner keine besondere Rolle spielt für ihn.

In der Sozialdemokratie hat es schon immer einen größeren Flügel gegeben, der für eine restriktive Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik stand. Siehe die Ex-Innenminister Karl Schlögl und Franz Löschnak, der auf dem Lichtermeer unerwünscht war. Oder nun eben Doskozil. 2015 kamen auch SPÖ-Wählern zu viele Fremde ins Land. Eine klare Mehrheit von 61 Prozent sagte bei der Gfk-Austria-Befragung zur Nationalratswahl 2017: Mehr geht nicht.

Ein Wunder, dass sie überhaupt noch die SPÖ unterstützt haben. Sie hätten sich die größte Konsequenz dazu von Kurz und Strache erwarten können. Und nicht von der SPÖ. Gut möglich, dass sie auch bei der Mindestsicherung eher schwarz-blau ticken. Aber das ist jetzt reine Spekulation.

Jedenfalls aber entsprechen Kurz und Strache in einer weiteren Frage, die ganz wesentlich ist, den Vorstellungen von Sozialdemokraten. Bei den Pensionen nämlich. Da sind Reformen tabu, ordentliche Anpassungen selbstverständlich und eine Erhöhung der Mindestrenten ist sowieso klar. Das hat in der Vergangenheit nicht einmal die SPÖ an der Seite der damals noch etwas anderen ÖVP so durchgebracht.

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