Warum Wallner bleiben darf

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ANALYSE. Auch die Vorarlberger ÖVP ist nicht mehr das, was sie einmal war: Der Chef hat innerparteilich nichts zu befürchten. Zurzeit schon gar nicht von Seiten des letzten Flügels, der bis zuletzt noch etwas zu sagen hatte.

Ein Rücktritt kommt für Vorarlbergs Landeshaupt- und ÖVP-Obmann Markus Wallner nicht in Frage. Das hat er in einem Sonderlandtag deutlich gemacht. Hinter dem Arlberg mag die Verwunderung groß sein: Verbreitet war dort die Überzeugung, dass er in Folge der Wirtschaftsbund-Affäre gehen muss. Dabei wird jedoch der Zustand der Volkspartei verkannt; da gibt es keinen selbstbewussten Flügel mehr, der durchsetzt, was ihm notwendig erscheint.

Von der Papierform würde es natürlich Gründe geben, zumindest eine Rücktrittsdebatte zu führen. Und damit ist jetzt nicht die anonyme Aussage eines Unternehmers gemeint, wonach er sich selbst um Inserate für die Wirtschaftsbund-Zeitschrift „Vorarlberger Wirtschaft“ bemüht habe (was er ausdrücklich zurückweist). Es geht vielmehr darum, dass er seit Jahren die Gesamtverantwortung für die Partei im Land trägt. Dass ihm das System Jürgen Kessler nicht ganz verborgen geblieben sein kann. Dass er nichts dagegen unternommen hat, sondern bis zuletzt nur gemauert hat. Und dass Partei wie Land jetzt mit einem veritablen Imageschaden konfrontiert sind: Mit Häme wird weit über die Grenzen hinaus vom „subara Ländle“ gesprochen. Ha, ha, ha! All das könnte durchaus für einen personellen Neubeginn sprechen.

Ein solcher kommt nicht. Markus Wallner bleibt. Er kann sich das leisten, weil er mit keiner gelebten, innparteilichen Demokratie konfrontiert ist. Unter normalen Umständen müsste – allein schon. um einen gewissen Anschein zu wahren – irgendjemand eine öffentlich wahrnehmbare Landesparteivorstandssitzung verlangen; damit zumindest so etwas wie ein reinigendes Gewitter veranstaltet wird. Allein: Nicht einmal das geschieht. Geschweige denn davon, dass jemand aufsteht und Wallner auch nur leise kritisiert. Schlicht fürs Protokoll, sozusagen. Doch keine Spur davon.

Hier geht es nicht darum, dass Schlagzeilen geliefert werden und eine breitere Öffentlichkeit unterhalten werden muss; es geht um den Zustand einer Partei: Der Chef kann schier machen was er will, er ist umgeben von bedingungslos loyalen Funktionären und Amtsträgern, die sich nicht einmal trauen, aufzuzeigen. Das kennt man von Freiheitlichen unter Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache. Bei den Roten hätte es Werner Faymann gefallen, bei den Türkisen war es jedenfalls unter Sebastian Kurz gelebte Praxis.

In der Vorarlberger Volkspartei hat es eine etwas andere Geschichte: Zum einen ist da Markus Wallner, der als ehemaliger Politiksekretär noch stärker als sein Vorgänger Herbert Sausgruber seine Aufgabe allein darin sieht, Macht auszuüben und zu erhalten. Sonst ist da wenig bis nichts. Neben sich hat Wallner (54) in den vergangenen Jahren niemanden groß werden lassen und auch niemanden aufgebaut, damit es für den Fall der Fälle immer einen potenziellen Nachfolger, eine potenzielle Nachfolgerin gibt.

Einst stolze Teilorganisationen sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Der Bauernbund mag von Präsidenten der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, geführt werden, anders als in Niederösterreich ist der Agrarsektor im Land und der Bauernbund in der Partei aber ein wichtiger, nur halt kein entscheidender Faktor. Ähnlich verhält es sich beim Arbeitnehmerbund ÖAAB, der unter AK-Präsident Bertram Jäger seine besten Zeiten hatte. Das war in den 1980er Jahren. Heute muss man googeln, wer Obmann ist.

Würden theoretisch noch Bürgermeister bleiben. Wobei: Bregenz ist rot. Und die übrigen (größeren) Städte und Gemeinden werden von Leuten geführt, die kurz vor der Pension stehen (Feldkirch) oder keine landespolitischen Ambitionen zeigen (Dornbirn, Lustenau).

Da hat Wallner nichts zu befürchten. Schon gar nicht hat er dies von Seiten der nach wie vor wichtigen und bis zuletzt auch bestimmenden Teilorganisation, nämlich des Wirtschaftsbundes. Dieser wird zurzeit gewissermaßen von seinem Statthalter Karlheinz Rüdisser in regelmäßiger Abstimmung geführt. Im Übrigen ist der Wirtschaftsbund nach all den Vorfällen sozusagen neutralisiert – mitsamt prominenter Vertreter, wie Finanzminister Magnus Brunner.

Ja, Magnus Brunner wird in Wien gerne als zukünftiger Landeshauptmann gesehen. In der Vergangenheit hat er sich nicht in die Landesregierung befördern lassen wollen; da ging es aber nur um eine Landesratsfunktion im Dienste von Wallner. Landeshauptmann wäre etwas anderes. Aber nur, wenn er gebeten wird. Von wem? Eben, da ist niemand, der das wagen würde und auch das nötige Gewicht dazu hätte.

Abgesehen davon ist Brunner für die ÖVP-Regierungsriege schier unverzichtbar: Im Unterschied zu Margarete Schramböck, Alexander Schallenberg oder Susanne Raab ist er für Schwarz-Türkise jemand, der zumindest gegenüber der eigenen Klientel etwas hergibt. Abgesehen davon ist er erst seit fünf Monaten im Amt. Da würde ein Abgang der ohnehin kaum belastbaren Erzählung widersprechen, Karl Nehammer habe die Verhältnisse stabilisiert.

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