KOMMENTAR. Dass Journalismus am Montagabend keine Sternstunden geboten hat, ist auch auf die Politik zurückzuführen.
„Medien sind unverzichtbar in einer Demokratie. Sie informieren objektiv und tragen als unabhängige Kontrollinstanz zur Meinungsbildung bei, so ihr ethischer Grundgedanke. Was aber, wenn die kritische Beobachtung in politische Aktivität übergeht? Wo ist die Trennlinie zwischen reiner Berichterstattung und subjektivem Kommentar zu ziehen?“ Ausgerechnet den Montagabend hatte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) ausgewählt, um auf einer Veranstaltung im Plenarsaal des Hohen Hauses Fragen wie diese zu diskutieren. Wobei sie – wieder: ausgerechnet – den deutschen Medienkritiker Thomas Meyer als Gastreferenten geladen hatte; er ist der Überzeugung, dass Politiker ausschließlich Getriebene „der Unbelangbaren“ (Journalisten) sind. Womit Bures eine glückliche Hand bewiesen hat: Denn unmittelbar im Anschluss daran lief im Fernsehen das rot-weiß-rote Kontrastprogramm.
Vielfach angekündigte „Endparteipolitisierungen“ haben nie stattgefunden.
Zunächst die TV-Debatte zur Wiener Gemeinderatswahl am kommenden Sonntag: Dominiert wurde sie nicht von einem der Kandidaten, sondern einem Chefredakteur bzw. Moderator, der einerseits glaubte, auch inhaltlich mitreden zu müssen und der andererseits eine parteipolitische Schlagseite erkennen ließ. Was nicht weiter verwundert, wenn man sich die Verhältnisse vor Augen führt: Chefredakteur beim öffentlich-rechtlichen Sender wird man skandalöserweise noch immer nur, wenn die jeweils Regierenden zumindest kein Veto dagegen einlegen oder nicht überhaupt ihre Zustimmung erteilen. Vielfach angekündigte „Entparteipolitisierungen“ haben nie stattgefunden (Leidtragende sind im Übrigen alle ORF-Chefredakteure, weil sie so einem Generalverdacht ausgesetzt werden und ihre Qualifikationen von vornherein geringgeschätzt werden).
Irgendwie wirkte das Setting wie ein Verhör. Und tatsächlich: Laut Website des Senders soll es das auch sein.
Wenig später lief auf Puls 4 eine merkwürdig anmutende Sendung: Der Kabarettist Roland Düringer saß Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) in einem dunkeln Raum gegenüber. Irgendwie wirkte das Setting wie ein Verhör. Und tatsächlich: Laut Website des Senders soll es das auch sein: Düringer bittet zu einem „Fernseh-Verhör“. Die Assoziationen, die das hervorruft, müssen nicht weiter ausgeführt werden. Doch nicht nur dem Sender ist daraus ein Vorwurf zu machen, sondern auch Hundstorfer: Warum lässt er sich vorführen wie jemand, der Unrecht getan haben könnte?
Um es deutlich zu sagen: Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich Gedanken darüber zu machen, wie eine Trennlinie zwischen „reiner Berichterstattung und subjektivem Kommentar“ ausschauen könnte. Sie hat vielmehr dafür zu sorgen, dass Journalisten unabhängig von ihrem Einfluss arbeiten können; und dass sie selbst nicht auch noch einen würdelosen Umgang mit ihr fördert.