Warum alles anders kommen könnte

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ANALYSE. Die derzeit führende SPÖ muss sich darauf gefasst machen, dass es nach der nächsten Wahl nicht einfach zu einem Führungswechsel zu ihren Gunsten kommt. Die Wählergruppe, die sich durch kein Angebot angesprochen fühlt, ist groß.

Leider hört sich Transparenz bei Meinungsumfragen dort auf, wo es spannend werden würde: Rohdaten sind so gut wie nie angegeben. Veröffentlicht werden Hochschätzungen. Zumindest, was die Sonntagsfrage betrifft. Die SPÖ zieht der ÖVP demnach mehr und mehr davon. Um die 30 Prozent werden ihr derzeit ausgewiesen, während es bei der Noch-Kanzlerpartei weiter in Richtung 20 Prozent geht.

Wenn man davon ausgeht, dass diese Hochschätzungen zutreffend für die Stimmungslage sind, wird das spannend mit der Regierungsbildung: Auf Basis der jüngsten „profil“-Daten liegt zum Beispiel sowohl eine Große Koalition als auch eine Ampelkoalition bestehend aus SPÖ, Grünen und Neos bei 49 Prozent. Schwierig macht die Mehrheitsbildung vor allem, dass mit der impfgegnerischen Liste MFG weiterhin eine sechste Partei Mandate erlangen könnte. Zu ihr später mehr.

Tief blicken lässt etwa die „profil“-Frage, welche Partei das beste Konzept gegen die Teuerung habe. Die meisten Nennungen entfallen mit 36 Prozent auf keine Partei, die SPÖ schneidet mit 20 Prozent noch am besten ab. Wobei: Die 20 Prozent würden bedeuten, dass auch ihr das nur von rund zwei Drittel ihrer angeblichen Wähler attestiert wird. Andererseits: Die ÖVP erreicht hier gerade einmal zwölf Prozent; das würde nur gut der Hälfte ihrer Wähler entsprechen.

Hier stimmt etwas nicht. Darauf lassen auch Ergebnisse der Kanzlerfrage schließen: Karl Nehammer (ÖVP) und Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) liegen mit jeweils 18 Prozent vorne, Herbert Kickl (FPÖ) folgt mit 13, Beamte Meinl-Reisinger (Neos) mit sechs Prozent und Werner Kogler (Grüne) mit gar nur fünf Prozent. Sprich: Es bleiben 40 Prozent übrig. „Niemand“ würde sozusagen eine Kanzlerdirektwahl haushoch gewinnen.

Das deutet darauf hin, dass sich bekannte Parteien und Politiker überwiegend in einer veritablen Krise befinden. Ein möglicher Grund: Sebastian Kurz hat sehr vielen Menschen in Österreich sehr große Hoffnungen gemacht – und mit seinem Abschied ist eine Enttäuschung einhergegangen, die nicht überwunden ist. Das konnte bisher niemand wirklich auffangen.

Vor diesem Hintergrund ist erklärbar, dass es mit MFG eine Liste, die sich auch als Anti-Systempartei begreift, weiterhin ins Hohe Haus schaffen könnte. Sie profitiert zumindest ein bisschen von diesem Vakuum. Tun könnte das viel mehr noch aber eine neue Bewegung, wie sie Emmanuel Macron zu Beginn seiner Karriere in Frankreich organisiert hatte – vor allem, wenn sich die ÖVP unter Karl Nehammer in absehbarer Zeit nicht erfängt.

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