Wahl mit x Unbekannten

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ANALYSE. Mag sein, dass die SPÖ nicht mehr hoch gewinnt. Überraschungen sind jedoch möglich. Und zwar auch für die ÖVP.

Ex-SPÖ-Chef Christian Kern hat seiner Nachfolgerin möglicherweise gar nicht geschadet, sondern vielleicht sogar geholfen, indem er im Interview mit der Tiroler Tageszeitung wissen ließ, dass „seine“ SPÖ bei der Nationalratswahl nicht mehr hoch gewinnen werde: Rendi-Wagner verwies keck auf seine Bilanz. Sie wissen schon: Von Sebastian Kurz geschlagen und am Ende durch einen verpfuschten Abgang auch noch die letzten Anhänger enttäuscht. Da hat man nicht mehr gut reden. Und wenn man es trotzdem tut, fällt es halt eher auf einen selbst zurück. Beim extrem kritischen Buch, das Reinhold Mitterlehner über Sebastian Kurz geschrieben hat, haben sich Kurz-Getreue denn auch darum bemüht, genau das zu provozieren. Motto: Man muss Verständnis haben mit dem Mann, er ist gescheitert und hat das noch immer nicht verwunden.

Aber natürlich: Aus heutiger Sicht kann die SPÖ bei der Nationalratswahl nicht triumphieren. Das wäre nur möglich, wenn etwas Großes, etwas Unvorhersehbares passieren würde. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht so, dass Sebastian Kurz einen Triumph fix in der Tasche hat.

Der 32-Jährige bräuchte einen Triumph. Die 31,5 Prozent vom letzten Mal wären eine Niederlage. Er braucht um die 40 Prozent, damit er seine Ziele erreicht. Gegen die ÖVP soll es demnach weder eine rot-blaue noch eine rot-grün-pinke Mehrheit geben. Vor allem aber: Wenn hinterher Schwarz-Blau 2 kommt, wäre Kurz ein angeschlagener Kanzler, wenn sich die Mehrheitsverhältnis nicht klar zu seinen Gunsten verschoben hätten.

Auf dem Weg zu den 40 Prozent tun sich für Kurz jedoch mehr und mehr Hürden auf, die überwindbar sind, aber überwunden werden nicht müssen:

Erstens, die ÖVP kann nur dann wirklich stark sein, wenn die FPÖ wirklich schwach ist. Das ist sie jedoch nicht: Herbert Kickl und Norbert Hofer plagen sich zwar mit Heinz-Christian Strache herum, alles in allem ist die Partei aber weit entfernt von der großen Krise, die nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos erwartbar gewesen wäre. Also kann Kickl von mehr als 20 Prozent reden, ohne belächelt zu werden.

Zweitens, die Neos leben zu einem guten Teil von ehemaligen ÖVP-Wählern, die weltoffener sind, mehr Wert auf Menschenwürde, aber auch Wettbewerb legen. Bei der Europawahl haben sie sich auch damit passabel halten können.

Drittens, das Grünen-Potenzial kann kaum überschätzt werden. Zweistellig ist es allemal. Siehe EU-Wahl, die ihnen Hoffnungen auf ein Comeback gemacht hat. Wie die Neos lebt diese Partei zum Teil von enttäuschten ÖVP-Wählern; in ihrem Fall sind es wohl eher Leute, die etwas weiter links stehen.

Viertens, die momentane Schwäche der SPÖ kann Kurz nicht freuen. Im Gegenteil: Er steht als Kanzler ohne Gegenkandidat da. Das erschwert es für ihn, Wähler zu mobilisieren.

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