Van der Bellen, der Ösi-Kretschmann

ANALYSE. Warum es nicht ausgeschlossen ist, dass sich der ehemalige Grünen-Chef bei der Bundespräsidenten-Wahl durchsetzt. 

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ANALYSE. Warum es nicht ausgeschlossen ist, dass sich der ehemalige Grünen-Chef bei der Bundespräsidenten-Wahl durchsetzt.

Dass ein Grüner bei einer bundesweiten Umfrage nach der anderen vorne liegt, ist ungewöhnlich: Alexander Van der Bellen tut es. Der ehemalige Grünen-Chef, der mit Unterstützung der Partei, offiziell aber als unabhängiger Kandidat bei der Bundespräsidenten-Wahl antritt, führt sämtliche Erhebungen an, die seit Jahresbeginn veröffentlicht worden sind. Meist sogar haushoch.

Doch kann er auch eine Stichwahl gewinnen und somit in die Hofburg einziehen? Die Ausgangslage ist aufs Erste nicht besonders günstig; das Land scheint vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise nach rechts zu rücken. „Mitte-Links“ bleiben, wenn man auch die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen berücksichtigt, vielleicht 40, 45 Prozent. Aber nie 50 Prozent und zumindest eine Stimme, die bei einer Bundespräsidenten-Wahl letzten Endes notwendig wären.

Kretschmann wird von Beobachtern so beschrieben, dass man bisweilen meinen könnte, die Rede sei von Alexander Van der Bellen.

Ganz so aussichtslos ist die Sache dann aber auch wieder nicht: Hoffnungen kann Van der Bellen und den Grünen die Landtagswahl im deutschen Baden-Württemberg machen. Dort hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann der Ökopartei mit 30,3 Prozent einen bisher einmaligen Triumph beschert. Wobei zwei Dinge hervorzuheben sind:

Kretschmann wird von Beobachtern so beschrieben, dass man bisweilen meinen könnte, die Rede sei von Alexander Van der Bellen: „Stoisch und mit lapidarer Eleganz“ trete er auf, stellt „Die Welt“ etwa fest: „Der Mann, der von sich selbst behauptet, nicht zu taktieren, hat sich zur starken Marke gemacht.“ Eine „ethisch-moralische Instanz“ sei er, über einen „feinen Sinn für Humor“ verfüge er. Und so weiter und so fort. All die Eigenschaften dürften dem bald 68-jährigen auch in der Flüchtlingskrise zugutegekommen sein, wo er klar auf der Seite von Kanzlerin Angela Merkel steht, also eine vermeintliche Minderheitenposition bezieht. Mögliche Lehre: Vielleicht schätzen überraschend viele Wähler in Zeiten wie diesen Besonnenheit – und nicht Hetze.

Je weiter die ÖVP und damit zwangsläufig auch Khol und vor allem die SPÖ mit Hundstorfer nach rechts rücken, desto mehr Platz bleibt ihm in der Mitte allein.

In Österreich hat Van der Bellen jedenfalls einen Startvorteil: Je weiter die ÖVP und damit zwangsläufig auch ihr Präsidentschaftskandidat Andreas Khol und vor allem die SPÖ mit Rudolf Hundstorfer nach rechts rücken, desto mehr Platz bleibt ihm in der Mitte allein. Was gerade bei einer Bundespräsidenten-Wahl, wo es weniger um Polarisierung als vielmehr um eine gewisse Überparteilichkeit geht, entscheidend sein kann.

Dass die Grünen in Österreich in roten und schwarzen Lagern erfolgreich sein können, haben sie im Übrigen bereits bewiesen: Bei der EU-Wahl 2014 kamen sie in Vorarlberg beispielsweise auf Platz zwei; im Bezirk Dornbirn wurden sie sogar stärkste Partei. In Wien schaffen sie das bei Bezirksvertretungswahlen immer wieder. – Auch das kann Van der Bellen und seine Parteifreunde hoffen lassen.

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