Systemzerschlagungspartei FPÖ

ANALYSE. Würde Andreas Khol die Wahrheit nicht als Tochter der Zeit betrachten, müsste er die Regierungspartei mehr denn je außerhalb des Verfassungsbogens sehen: Sie übt sich nicht mehr nur in Demokratiefeindlichkeit. 

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ANALYSE. Würde Andreas Khol die Wahrheit nicht als Tochter der Zeit betrachten, müsste er die Regierungspartei mehr denn je außerhalb des Verfassungsbogens sehen: Sie übt sich nicht mehr nur in Demokratiefeindlichkeit.

Man kann eine Debatte von vornherein abwürgen. Indem man dem Gegenüber als Rechter beispielsweise unterstellt, ein Linker zu sein. Womit nicht nur zum Ausdruck gebracht werden soll, dass dieser auf der falschen Seite stehe, sondern auch, dass es keine Brücke, ja nicht einmal eine Auseinandersetzung geben könne.

Ähnliches erreicht man, wenn man das Gegenüber als „dumm“ bezeichnet. In der BVT-Affäre unter Druck geraten, wirft der ranghohe Vertreter der Regierungspartei FPÖ, Klubobmann Walter Rosenkranz, die Frage auf, „wie dumm“ die in der Sache Kritik übenden Oppositionspolitiker sein dürften.

So weit ist die FPÖ in Summe noch nie gegangen. 

Selten ist so deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Freiheitliche keine Debatte und schon gar keine Kritik dulden wollen. Gut, auch im Umgang mit Medien, die diesbezüglich ebenfalls eine gewisse Rolle spielen, hat der Vizekanzler schon einmal höchstpersönlich eine Klarstellung getroffen, indem er ORF-Redakteure pauschal bezichtigte, Lügen zu verbreiten. Das eine wie das andere ist dies: mit einer Demokratie nicht vereinbar. Demokratie ohne Auseinandersetzung ist keine. Und eine Demokratie, in der Regierende definieren, was opportun ist und was nicht, ist ebenfalls keine. So etwas ist eher für eine Demokratur bezeichnend.

Doch es geht noch viel weiter: Nach dem jüngsten OLG-Wien-Entscheid zur BVT-Affäre kann auch ÖVP-Justizminister Josef Moser nicht mehr anders, als untersuchen zu lassen, inwieweit von Seiten des Innenministeriums „Ermittlungsdruck“ auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt worden ist. Das ist eine neue Dimension: Druck gegen Kritiker und Medien hat es mehr oder weniger immer gegeben; und sei es in Form dieser gewissen Korruption über öffentliche Inserate, von denen das eine oder andere Blatt abhängig ist. Druck auf die Justiz ist jedoch etwas, was es nicht einmal in der Möglichkeitsform geben darf; wenn nicht die Unabhängigkeit, dann beschädigt es zumindest das Vertrauen in die Justiz: Sie ist durch eine Regierungspartei in Frage gestellt. Andreas Khol (ÖVP) hat die Wahrheit zwar einmal als Tochter der Zeit bezeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er diesbezüglich überaus flexibel ist; die FPÖ müsste er nun jedoch mehr denn je außerhalb des Verfassungsbogens sehen. So weit ist sie in Summe noch nie gegangen.

Wobei man davon ausgehen kann, dass all das zur freiheitlichen Strategie gehört.

Wobei man davon ausgehen kann, dass all das zur freiheitlichen Strategie gehört: Sie braucht die Ausgrenzung, um weiterhin sagen zu können, dass sie gegen das System und das System daher gegen sie ist. Das ist ein wesentlicher Bestandteil ihres Selbstverständnisses. Als Oppositionspartei konnte sie damit „nur“ stärker werden. Als Regierungspartei kann sie damit Systeme wie Verfassung und Demokratie ramponieren – zumindest so lange, so lange sie von ihrem Partner (ÖVP) gedeckt wird.

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