Straches Unverschämtheit

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ANALYSE. Der einstige FPÖ-Chef steht im Hinblick auf die Wiener Gemeinderatswahl nicht schlechter da als seine ehemaligen Parteifreunde. Eher besser.

Politische Verantwortung ist Heinz-Christian Strache fremd. Sonst würde er seinen Rücktritt vor bald einem Jahr nicht als seinen größten Fehler bezeichnen und jetzt zu einem Comeback schreiten; und zwar als Spitzenkandidat der Liste, die noch „DAÖ“ heißt.

Das muss man sich einmal vorstellen. Erstens: Im Ibiza-Video hat der 50-Jährige sein Verständnis von Machtausübung dargelegt; und das widerspricht einem demokratischen Rechtsstaat ganz und gar. Zweitens: Noch laufen Ermittlungen gegen ihn. Konsequenz aus den beiden Punkten: Politisch gesehen würde das eine zu einem dauerhaften Rückzug und das andere zumindest zu Zurückhaltung gebieten.

Doch Strache schert sich nicht darum. Und in seiner Welt könnte er damit sogar durchkommen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Wiener Gemeinderatswahl im Herbst steht er zum Teil sogar besser da als seine ehemaligen Parteifreunde. Man könnte es auch so zusammenfassen: Er hat die FPÖ gegen die Wand gefahren, ist ausgestiegen und hat sich jetzt einen neuen Wagen (die Liste „DAÖ“) zugelegt – während Norbert Hofer und Co. im Schrottkübel sitzen geblieben sind.

FPÖ-Chef Norbert Hofer stimmt seine Parteifreund schon auf eine krachende Niederlage bei der Gemeinderatswahl ein. Wobei seine Beiträge nicht unterschätzt werden sollten: Nachdem er lange Jahr quasi Beifahrer von Strache gewesen war, überrascht es nicht, dass er keinen Neustart der Partei zusammenbringen kann. In ihm steckt zu viel Vergangenheit.

Hinzu kommt, dass Hofer gerade selbst von einer dieser Affären eingeholt worden ist. Er weist alle Vorwürfe zurück im Zusammenhang mit der Bestellung eins ASFINAG-Aufsichtsrates unter seiner Zeit als Verkehrsminister und den Spenden, die dieser einem FPÖ-nahen Verein davor und danach überwiesen hat. Die Staatsanwaltschaft will sich seine Rolle nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität aber genauer anschauen. Und das könnte dauern.

Und überhaupt: Hofer kann nicht Oppositionspolitik. Schon gar nicht gegen eine Regierung, die blaue Forderungen (wie die Bekämpfung illegaler Migration, die Sicherungshaft oder die Ausweitung des Kopftuchverbots) pflegt. Das weiß er, und er bekräftigt immer wieder, sich bei nächster Gelegenheit wieder um das Amt des Bundespräsidenten bemühen zu wollen. Womit er sich auch schon selbst zum bloßen Übergangsobmann degradiert.

Heinz-Christian Strache ist aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Er wechselt die Rollen, wie es ihm und seinem Publikum gefällt. Was ihm selbst auch hilft, sich aus Verantwortung zu flüchten. Ja, er sieht sich nicht nur nicht als gescheiterten Politiker, sondern im Moment sogar als gar kein Politiker. Er ist demnach der, der gegen das System ist; über ihn kann man dem System eins auswischen.

Das unterstreicht ein „Witz“, den Strache laut der Tageszeitung „Österreich“ in seine Aschermittwochsrede eingebaut hat. Zitat: „Wisst ihr, wer die ersten Politiker waren? Die Heiligen Drei Könige. Die legten ihre Arbeit nieder, trugen schöne Gewänder und gingen auf Reisen. Das erinnert mich an Ludwig, Kurz und Anschober. Aber heilig ist keiner der drei.“

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