Straches größter Gegner: Strache

ANALYSE. Allein die Krise der Großen Koalition würde dem FPÖ-Chef Wahlerfolge garantieren. Doch er will sich mehr denn je profilieren – und bringt sich damit um seine Chancen.

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ANALYSE. Allein die Krise der Großen Koalition würde dem FPÖ-Chef Wahlerfolge garantieren. Doch er will sich mehr denn je profilieren – und bringt sich damit um seine Chancen.

Protest und allgemeine Unzufriedenheit über die herrschenden Verhältnisse sind noch immer die stärksten Motive, die Freiheitlichen zu wählen. Anders ausgedrückt: Es wäre überheblich von Heinz-Christian Strache und seinen Weggefährten, zu glauben, dass man sie ihretwegen wähle. Alles, was sie tun „müssen“, ist, vorhandene Stimmungslagen zu verstärken. Mehr nicht. Andernfalls kippt die Sache. Doch das übersieht bemerkenswerterweise gerade Strache selbst. Womit er sich und seine Partei um sicher geglaubte Erfolge bringt.

Wer Mario Kunasek ist und was er will, wissen wohl nur die wenigsten Steirer. Trotzdem holte der Spitzenkandidat der Freiheitlichen gemeinsam mit seinen Parteifreunden bei der Landtagswahl Ende Mai 26,76 Prozent. 16,10 Prozentpunkte mehr als beim Urnengang fünf Jahre davor. Zurückzuführen ist dieser einmalige Zugewinn auf die Krise von Rot und Schwarz: SPÖ und ÖVP sind eingebrochen. Weil sie den Menschen weder zunehmende Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt noch existenzielle Nöte ersparen können; weil sie stattdessen auf Bundesebene etwa an einer Steuerreform herumwerken, die nicht Entlastung, sondern noch mehr Unsicherheit stiftet; und weil sie nichts gegen latente Gefühle tun, wonach an vielem Fremde schuld seien. Genau das wissen die Freiheitlichen zu verstärken. Mehr müssen sie nicht tun, um ein Auffangbecken für so viele frustrierte Wähler bilden zu können.

Glauben Strache und Co. mehr einbringen zu müssen, schaden sie sich selbst; dann beginnen sie, potenzielle Wähler zu verschrecken. Umso verwunderlicher, dass Strache persönlich genau das tut. Dass er sich im Hinblick auf die Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober zum Bürgermeisterkandidaten erklärt hat, ist ein Beispiel dafür: Die Gruppe derer, die ihn unterstützen würde, um den Roten einen Denkzettel zu verpassen, wäre viel größer als die, die ihn ernsthaft zum Stadtoberhaupt küren möchte.

Bisher schien ein Bürgermeister Strache allerdings ohnehin undenkbar zu sein. Durch die Wahlergebnisse in der Steiermark und im Burgenland und die anhaltende SPÖ-Krise hat sich das geändert. Plötzlich muss jeder, der am 11. Oktober blau wählt, damit rechnen, dass es Strache wirklich schaffen könnte. Das ist ein Problem für ihn: Um seine neue Rolle ausfüllen zu können, müsste er ab sofort Vertrauen schaffen; er dürfte nicht mehr Rabauke sein. Einen solchen will schließlich kaum jemand an einer Regierungsspitze.

Doch was tut Strache? Er bleibt seiner alten Rolle treu, ja spitzt sie sogar noch zu. Sein Posting vom Samstagnachmittag nach der Amokfahrt von Graz bringt das zum Ausdruck: „Wahnsinnstat in Graz! Der Täter ist aus Bosnien. Ein religiös begründetes Attentat wird nicht ausgeschlossen!”, schrieb er. Während sich ganz Österreich in einem Schockzustand befindet, betreibt er Hetze; während alle um die richtigen Worte ringen, stellt er irgendwelche Behauptungen in den Raum, die noch dazu bald widerlegt werden.

Das verschreckt auch viele seiner Sympathisanten. Vor allem aber all jene, die er theoretisch zwar ansprechen könnte, die aber auch mehr denn je sehen, dass er Bürgermeister werden könnte. Wollen sie wirklich, das er das wird? Nein. Womit der FPÖ-Chef seinen Mitbewerbern in die Hände spielt; allen voran Michael Häupl, der in den nächsten Wochen nicht viel mehr tun muss als darauf hinzuweisen, wer ihn da ablösen könnte; im Zweifelsfall spricht das dann noch für ihn.

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