Steigbügelhalterin für Kellernazis

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ANALYSE. Johanna Mikl-Leitner zahlt für den Machterhalt einen zu hohen Preis – für das Land, die Volkspartei, aber auch sich selbst.

Würden die niederösterreichische Volkspartei und Johanna Mikl-Leitner staatspolitischer Verantwortung gerecht werden, sie hätten sich nicht mit „Kellernazis“ (Oskar Deutsch) auf eine Zusammenarbeit eingelassen. Es wäre ihnen auch peinlich, zu behaupten, dass sie das tun mussten, weil die Sozialdemokraten ein zu teures Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose gefordert hätten. Zumal sie sich mit den Kellernazis auf Dinge eingelassen haben, die für den Standort Niederösterreich gefährlich sind. Die also auch aus Sicht all jener unerträglich sind, die einer breiteren Mitte angehören und vielleicht ausschließlich pragmatisch-unternehmerisch denken.

Man muss kein Anhänger einer modernen, multikulturellen Gesellschaft sein, um zu sehen, was Türkis-Blau Niederösterreich zumutet: Frauen sollen zurück an den Herd und Ausländer am besten zu Hause bleiben. So wird man natürlich keinem Arbeits-, geschweige denn Fachkräftemangel gerecht werden können. So ist das Land eher früher als später erledigt.

Nötig wäre es, möglichst viele in eine Beschäftigung zu bringen. Auch daher wären flächendeckende Kinderbetreuungsangebote nötig. Geplant ist jedoch dies: Im Sinne des freiheitlichen Grundsatzprogrammes soll Betreuung durch die Mutter oder andere Angehörige „aufgewertet“ werden. Womit Frauen letzten Endes auch in lebenslanger Abhängigkeit von besserverdienenden (weil Vollzeit berufstätigen) Männern gehalten werden.

Nötig wäre es auch, ein Land so attraktiv zu machen, dass möglichst viele Menschen kommen wollen, um hier zu arbeiten. Ausgerechnet für wirtschaftlich motivierte Zuwanderer soll Niederösterreich nun aber „möglichst unattraktiv“ gemacht werden. Das geht so weit, dass auf den Schulplätzen keine Fremdsprache mehr geduldet werden soll und nur Gasthäuser mit heimischer Küche gefördert werden sollen. Ist doch klar, dass das auch – sagen wir – eine französische Spitzenmedizinerin abstößt, die aus Versehen erwägt, mit Kind und Kegel nach Niederösterreich zu übersiedeln.

Zumal das jetzt auch die Hochburg der Wissenschaftsfeindlichkeit ist: Die Impfpflicht war ein Fehler, keine Frage. Aber in einem Regierungsprogramm unterschwellig erklären, dass Impfen an sich zu vielen Schäden geführt hat – und komme, was wolle – nicht mehr dafür geworben wird, das ist jenseitig.

These: Mikl-Leitner wird als Politikerin bald Geschichte sein. Sie hat sich hier verzockt, wie man so sagt. Sie hat ihrer gesamten Partei einen Bärendienst erwiesen: Wo immer die ÖVP jetzt kandidiert, ist sie mit dem Vorwurf konfrontiert, keine Mitte mehr zu repräsentieren, sondern Steigbügelhalterin für Kellernazis zu sein; da wird sich selbst Karl Nehammer schwertun, als Kanzlerkandidat ernstgenommen zu werden. Das geht auch in Österreich zu weit: Mikl-Leitner weiß das. Daher hat sie aufgrund des NS-Liederbuchaffäre 2018 eine Zusammenarbeit mit Landbauer ausgeschlossen. Sie setzte zurecht darauf, dass ihr das Stimmen bringt.

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